86 Achtzehntes Kapitel 25. Januar
gestellt hätten. Die Hessen — von denen will ich nichts sagen,
da gings. Die Schleswig-Holsteiner, die sich jetzt wie die
Löwen geschlagen haben, da gabs damals gar keine Armee.
Mit den Sachsen war auch nichts, hier sollte das Heer erst wieder
gebildet werden. Und auf die Süddeutschen war wenig Verlaß.
Die Württemberger — was sind das jetzt für prächtige Leute, ganz
ausgezeichnet! Aber damals, Sechsundsechzig, da mußte jeder Soldat
lachen, als die einmarschierten in Frankfurt wie eine Bürgergarde.
Auch mit den Badnern stand es nicht gut, da hat Beyer und der
Großherzog seitdem viel geschaffen.“ — „Freilich war die öffentliche
Meinung damals in ganz Deutschland auf unsrer Seite, wenn wir
Krieg um Luxemburg führen wollten. Aber die ersetzte doch diese
Mängel nicht genug. Und dann war auch das Recht nicht auf
unsrer Seite. Ich habe es öffentlich nie zugegeben, hier aber
kann ichs sagen: nach der Auflösung des Deutschen Bundes war
der Großherzog souverän geworden und konnte mit dem Lande
machen, was er wollte. Daß ers für Geld abtreten wollte, war
eine Gemeinheit, aber abtreten konnte ers an Frankreich. Und mit
unserm Besatzungsrechte stand es auch schlecht. Wir durften eigent—
lich nach Auflösung des Bundes auch Rastatt und Mainz nicht
mehr besetzt halten. Das sagte ich auch im Conseil, 1 und ich hatte
dann noch einen andern Gedanken: ich wollte es Belgien geben.
Da hätten wir es mit einem Lande verbunden, für dessen Neutralität
England, wie man damals denken konnte, eingetreten sein würde.
Und dann hätte man damit das deutsche Element dort gegen die
Fransquillons gestärkt und zugleich eine gute Grenze gewonnen.
Ich fand damit keinen Anklang, aber ich denke, es ist gut so, wie
es sich gemacht hat.“2 — Als der Minister fort war, bemerkte
Bucher hierzu, die andre Seite der Sache habe er freilich ver-
schwiegen: die Franzosen wären damals nicht so gut für den Krieg
vorbereitet gewesen als jetzt, ihre militärischen Vorräte wären durch
den Feldzug in Mexiko erschöpft, und die Armee wäre noch nicht
1 Diesen Ausdruck braucht B. oft für Ministerrat, vgl. G. u. E. I, 326.
328. 329. 330. Zuweilen übersetzt er auch ungenau mit „Staatsrat“, z. B.
oben Band I1, 187.
: In diesem Sinne hat sich Bismarck mehrmals über die Behandlung der
Luxemburger Frage geäußert, z. B. bei Poschinger, Tischgespräche I, 83. 284.