Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

100 Achtzehntes Kapitel 28. Januar 
wolle, ich kann nicht mehr esse.« Er war ganz verdrießlich ge— 
worden bei der Erinnerung an den Tod.“ 
28. Januar, Sonnabend. Es ist wie gestern ziemlich kalt, 
etwa zwei Grad unter Null, und wir haben bedeckten Himmel. Um 
elf Uhr treffen die französischen Unterhändler wieder ein: Favre, 
Dürrbach, zwei andre, die ebenfalls höhere Eisenbahnbeamte sein 
sollen, und zwei Militärs, ein andrer General mit einem andern 
Adjutanten, beide stattliche Leute mit anständiger Haltung. Sie 
frühstücken bei uns. Dann lange Verhandlung in Moltkes Wohnung. 
Darauf diktiert der Chef den Sekretären Willisch und Saint Blanquart 
den Kapitulations- und Waffenstillstandsvertrag in zwei Exem— 
plaren, der nachher um sieben Uhr zwanzig Minuten oben in der 
grünen Stube neben dem Arbeitszimmer des Ministers von Bismarck 
und Favre unterzeichnet und besiegelt wird.“ 
Inzwischen hatte es für mich freie Zeit gegeben, die ich zu 
einer Fahrt nach Schloß Meudon und der dortigen Batterie be— 
nutzte, an der Landgraf und ein andrer Sachse, Kohlschütter (von 
dem Gouvernement oder Zivilkommissariat), teilnahmen. Der Stein— 
weg durch den Wald hinauf war von unserm schweren Geschütz sehr 
zusammengefahren. Auf einer kleinen Lichtung im Gehölz, an der 
sich die Straßen kreuzen, kamen wir an einer prächtigen Tanne 
vorbei. Weiterhin war ein Platz für ein Replis hergerichtet. Ba— 
racken, durchbrochne Mauern mit Schießständen rechts, Haufen von 
Schanzkörben und Faschinen links vom Wege. Durch ein Gitterthor 
nach dem Schlosse, an das die Bäume dicht herantreten, und das 
hinten ein gewaltiger Erdaufwurf umgiebt. Hier wurden einige 
von den umhergeflognen Granatsplittern aufgelesen, die vielfach 
Löcher in die Stämme gerissen und Zweige abgeschlagen hatten. 
Das Schloß, ein stattlicher, aber wenig verzierter Bau von zwei 
Stockwerken ohne hervortretende Gliederung, hatte äußerlich nur 
wenig gelitten, nur die Paris und Issy zugekehrte Front zeigte 
einige tüchtige Bombenspuren, und der Boden unmittelbar vor ihr 
war mit großen und kleinen Sprengstücken übersäet. Das Innere 
des Gebäudes, die Treppen, Säle und Zimmer waren arg ver- 
wüstet, voll Trümmer und Fetzen von Möbeln, Splitter und Glas- 
  
1 Vgl. Abeken 405.
	        
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