Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

108 Achtzehntes Kapitel 29. Januar 
Bismarck-Bohlen meinte, wir brauchten ihnen nichts zu geben, 
möchten selber sehen, wo sie was herkriegten, u. s. w. 
Chef: „Nun, du willst sie wohl verhungern lassen?“ 
Bohlen: „Jawohl.“ 
Chef: „Ja, aber wie kommen wir dann zu unsrer Kontri— 
bution?“ 
Im fernern Verlaufe des Gesprächs äußerte er: „Große Staats- 
geschäfte, Unterhandlungen mit dem Feinde irritieren mich nicht. 
Wenn sie mir Einwürfe machen gegen meine Gedanken und Forde- 
rungen, auch wenn es unvernünftig ist, so bleibe ich kalt dabei. 
Aber die kleinen Quengeleien der Militärs in politischen Fragen 
und ihre Unkenntnis von dem, was hier möglich ist und nicht 
möglich. Da kommt einer und will dies, da hält ein andrer jenes 
für unerläßlich, und wenn man sie losgeworden ist, stellt sich ein 
dritter ein, ein Adjutant oder Generaladjutant, der sagt: Aber, 
Exzellenz, das geht doch unmöglich, oder: das müssen wir doch noch 
haben, sonst kommen wir in Lebensgefahr. Und gestern haben sie 
gar noch verlangt, daß in ein bereits unterzeichnetes Dokument 
eine Bedingung (die Auslieferung der Fahnen) hineinkommen soll, 
über die gar nicht verhandelt worden ist. Ich habe ihnen aber 
gesagt: Wir haben in diesem Kriege manches begangen: die 
Fälschung von Urkunden aber — nein, meine Herren, das geht 
doch nicht an.““ 
Es wird erwähnt, daß Bernstorff geschrieben habe, wie er bei 
der Konferenz zur Sprache gebracht hätte, daß er von jetzt an das 
Deutsche Reich und den Kaiser vertrete, und wie dies von den andern 
Herren beifällig aufgenommen worden sei. 
Der Kanzler bemerkt dazu: „Bernstorff ist doch sonst wenigstens 
ein geschäftskundiger Mann. Wie der solche Sachen machen kann? 
Seine Frau — wie heißt sie gleich? — Auguste — nein, Anna — 
na, die wird sich jetzt was wissen: kaiserliche Botschafterin. — 
Ich kann mir aus solchen Titeln nicht viel machen. Besser ein 
wohlsituierter starker König als ein schwacher Kaiser, besser ein 
reicher Baron als ein armer Graf.“ — „So ein Kaiser von Brasi- 
lien oder Mexiko"“ — 
Holstein fährt dazwischen: „Mit achthunderttausend Gulden 
Gehalt.“
	        
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