Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

138 Achtzehntes Kapitel 4. Februar 
bilde. Eure Exzellenz lehnten dies ab und erteilten mir das aus— 
drückliche Versprechen, es solle kein Druck auf die Wähler geübt 
und den Wahlen die vollste Freiheit gesichert werden. Ich wende 
mich an die Rechtlichkeit Eurer Exzellenz mit der Bitte, Sie wollen 
Ihre Meinung äußern, ob die durch das in Rede stehende Dekret 
grundsätzlich ausgesprochne Ausschließung ganzer Kategorien von 
Kandidaten mit der Freiheit der Wahlen, wie sie in der Konvention 
vom 28. Januar verbürgt ist, sich verträgt. Ich glaube die be— 
stimmte Hoffnung aussprechen zu dürfen, daß jenes Dekret, dessen 
Anwendung mir den Bestimmungen der Konvention zu widersprechen 
scheint, unverzüglich zurückgenommen werde, und daß die Regierung 
der nationalen Verteidigung die erforderlichen Vorkehrungen treffen 
wird, die die Ausführung des zweiten Artikels der Konvention 
hinsichtlich der Freiheit der Wahlen verbürgen. Wir würden Per— 
sonen, die nach den Bestimmungen des Rundschreibens von Bordeaux 
gewählt worden wären, die Rechte nicht zugestehen können, die 
durch die Waffenstillstandskonvention den Abgeordneten zur Ver- 
sammlung gewährt worden sind." 
Schon um neun Uhr waren zwei Pariser Nationalgarden- 
offiziere, ein alter und ein junger, da, die einen Brief für den Chef 
überbrachten — vielleicht Favres Antwort. 
Nach zehn Uhr ließ der Chef mich rufen, um zu fragen: „Von 
Berlin beklagt man sich, daß die englischen Blätter viel besser unter- 
richtet sind als die unsrigen, und daß wir unsern Zeitungen so 
wenig über die Waffenstillstandsverhandlungen mitgeteilt haben. 
Wie kommt das?“ 
„Ja, Exzellenz — erwiderte ich —, das kommt daher, daß 
die Engländer mehr Geld haben, um überall zu sein und sich 
unterrichten zu lassen. Dann aber sind sie gut empfohlen bei hohen 
Herren, die von allem erfahren — und endlich sind auch die Militärs 
nicht immer recht dicht bei Dingen, die noch verschwiegen bleiben 
sollen. Ich aber konnte von den Verhandlungen über die Kon- 
vention nur das in die Offentlichkeit bringen, was hinein sollte.“ 
„Na — sagte er —, schreiben Sie doch einmal über diese 
Sache, und sagen Sie, daß die eigentümlichen Verhältnisse hier 
daran schuld sind, wir aber nicht.“ 
Ich erlaubte mir dann, ihm zu dem Ehrenbürgerbriefe zu
	        
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