Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

152 Achtzehntes Kapitel 6. Februar 
aller aufrichtigen Freunde des Friedens neu belebt. Seit den Er— 
eignissen des 4. September war der militärischen Ehre Deutschlands 
genügend Befriedigung zu teil geworden, sodaß es dem Wunsche 
Raum geben konnte, mit einer die französische Nation in Wirklichkeit 
repräsentierenden Regierung in Verhandlungen über einen Frieden 
einzutreten, der die Früchte des Sieges verbürgte und unsre Zu— 
kunft sicher stellte. Als die in Versailles und Paris vertretenen 
Regierungen sich endlich über einen Vertrag verständigen konnten, 
der nach der zwingenden Gewalt der Thatsachen bestimmt war, 
Frankreich sich selbst wiederzugeben, waren sie zu der Erwartung 
berechtigt, daß diese erste Staffel einer neuen Ara der Beziehungen 
der beiden Länder untereinander allgemein geachtet werden würde. 
Die Verfügung des Herrn Gambetta, die die frühern hohen Beamten 
und Würdenträger, die Senatoren und offiziellen Kandidaten für 
nicht wählbar zur Nationalversammlung erklärt, war vielleicht not- 
wendig, um Frankreich die ganze Tiefe des Abgrundes zu zeigen, 
der sich vor ihm geöffnet, seit die Diktatur, das kostbarste Blut 
Frankreichs opfernd, sich geweigert hatte, die Vertretung der Nation 
in regelmäßiger Weise zusammen zu berufen. 
„Der Artikel 2 der Konvention vom 28. Januar besagt im 
Wortlaute: ? Der so vereinbarte Waffenstillstand hat den Zweck, der 
Regierung der nationalen Verteidigung die Zusammenberufung einer 
freigewählten Versammlung zu erlauben, die sich über die Frage 
aussprechen wird, ob der Krieg fortgesetzt oder ob und unter welchen 
Bedingungen der Friede abgeschlossen werden soll. Die Versammlung 
wird in der Stadt Bordeaux zusammentreten. Die Befehlshaber 
der deutschen Armeen werden für die Wahl und den Zusammentritt 
der Abgecordneten, aus denen sie bestehen wird, alle Erleichterungen 
gewähren.“ 
„Aus dieser Bestimmung ergiebt sich klar und deutlich, daß die 
Freiheit der Wahlen eine der Bedingungen der Konvention selbst 
ist, und es würde ganz und gar unzulässig sein, wenn man sich 
der andern Vorteile, die sie einschließt, bemächtigen und zu gleicher 
Zeit den Kreis der Bedingungen verengern wollte, deren Gesamt- 
heit allein die Elemente der Versöhnung enthält. Indem Deutsch- 
land die Hand zu den Wahlen bot, hat es nur die in Frankreich 
vorhandnen Gesetze, nicht aber die Laune und das Belieben dieses
	        
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