Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

154 Achtzehntes Kapitel 6. Februar 
Außerungen annehmen mußte. Die seit acht Tagen den Parisern 
aus unsern Vorräten zur Verfügung gestellten Lebensmittel sind 
von ihnen noch gar nicht benutzt worden. Wie General von Stosch 
berichtet, ist noch kein Pfund Mehl oder Fleisch von ihnen ab- 
geholt worden. Dann aber haben sie beträchtliche Vorräte von 
Zwieback und Pökelfleisch in den Forts zurückgelassen, als sie diese 
räumten, und Leute von uns, die in Paris gewesen sind, haben 
dort in dem einen Magazine noch viel Mehl gesehen — auch 
im Vergleiche mit der Einwohnerzahl war es viel. „Man muß 
das hervorheben — bemerkte der Chef —, weil die Verprovian- 
tierung nur langsam vor sich geht, und die betreffenden Befehle 
einen weiten Weg zu durchlaufen haben vom General bis zur 
Schildwache." 
Um elf Uhr nochmals zu ihm zitiert, soll ich Favre gegen 
gewisse Anklagen der gestrengen Gesinnung verteidigen, die einige 
französische Blätter gebracht haben. 
„Die Pariser Journale machen Favre zum Vorwurf, daß er 
bei mir gegessen hat,“ sagte der Chef. „Ich hatte Mühe, ihn dazu 
zu bringen. Aber es ist doch ganz unbillig, zu verlangen, daß er, 
nachdem er acht bis zehn Stunden bei mir gearbeitet hat, entweder 
als gesinnungsvoller Republikaner hungern oder in ein Hotel gehen 
soll, wo ihm die Leute nachlaufen, als einer bekannten Persönlichkeit, 
und die Straßenjungen ihn angaffen." 
Von zwei bis vier Uhr sind die Franzosen wieder da, sechs 
oder sieben, darunter Favre und, wenn ich recht hörte, der General 
Leflö. Bei Tische waren der ältere Sohn des Chefs und Graf 
Dönhoff als Gäste zugegen. 
Abends noch ein Dementi über das aus Berlin stammende 
Telegramm der Times gemacht, wonach wir beim Friedensschlusse 
den Franzosen zwanzig Panzerschiffe, die Kolonie Pondichery und 
zehn Milliarden Franken an Kriegskosten abverlangen wollen. Ich 
bezeichne das als eine plumpe Erfindung, von der man kaum be- 
griffe, daß sie in England geglaubt worden sei und Besorgnis 
erregt habe, und deutete auf die Quelle hin, aus der es aller 
Wahrscheinlichkeit nach geflossen sei — das Gehirn eines unbeholfnen 
Menschen in der diplomatischen Welt, der uns nicht wohl wolle 
und gegen uns Ränke spinne. — „S ist Loftus, von dem das
	        
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