Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

28. Dezember Sechzehntes Kapitel 3 
zugeben, und so uns den Ruhm erwerben, die Schirmherren der 
Ordnung und die Wiederhersteller des Rechtes in Europa zu sein. 
Ein komischer Planl 
Der Chef hat zu den kräftigsten Maßregeln gegen Noquet 
le Roi, wo ein Überfall durch Franctireurs von der Einwohner- 
schaft unterstützt worden ist, Anweisung erteilt; er hat ferner das 
Gesuch des Maires und der Munizipalität von Chatillon um Erlaß 
der Million Franken abgewiesen, die man diesem Orte als Strafe 
auferlegt hat, weil dort Ahnliches vorgekommen ist. In diesem wie 
in jenem Falle hat ihn der Grundsatz geleitet, man müsse der Be- 
völkerung des Landes den Krieg fühlbar machen, um sie dem Frieden 
geneigt zu stimmen. 
In einem Berichte von Monts aus Wilhelmshöhe finde ich 
die Notiz, daß Hellwitz, der hier als „jüdischer Rittergutsbesitzer“ 
bezeichnet wird, dort zweimal Besprechungen mit dem Kaiser Na- 
poleon gehabt hat. 
Um elf Uhr abends zum Chef gerufen, der mir verschiedne 
Zeitungsartikel aus Berlin „zur Sammlung“ (von Beispielen der 
barbarischen Kriegführung der Franzosen, die ich auf seinen Befehl 
begonnen habe) sowie zwei andre Aufsätze giebt, die an den König 
gehen sollen. 
Mittwoch, den 28. Dezember. Schneefall bei mäßiger Kälte. 
Der Chef verläßt sein Zimmer auch heute nicht. Er giebt mir einen 
französischen Brief zu beliebiger Verwendung, den une Américaine 
unterm 25. Dezember an ihn gerichtet hat. Er lautet: 
Graf von Bismarck. Jouissez autant due possible, Herr 
Graf, du climat frais de Versailles, car, un jour, vous aurez 
à Supporter des chaleurs infernales pour tous les malheurs, qdue 
vous avez causés à la France et à I'Allemagne. 
Das ist alles. Welchen Zweck die Verfasserin mit ihrer Zu- 
schrift verfolgt hat, ist nicht erfindlich. 
Beim Frühstück ist Exzellenz Delbrück wieder zugegen. Er ist 
überzeugt, daß die zweite bayrische Kammer die Versailler Ver- 
träge schließlich ebenso gutheißen wird wie der norddeutsche Reichs- 
tag, vor dessen Beschluß in der Sache ihm in der That einige 
Tage lang bange gewesen sei. 
Nach den französischen Blättern wäre ungefähr jeder Soldat 
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