156 Achtzehntes Kapitel 8., 9. Februar
von den Preußen kampfunfähig, alle ihre Werke zerstört, die Kanonen
erobert, vernagelt oder in die Seine geworfen. Die Nationalgarde
focht in erster Linie.“ Wenn Gambetta so von Paris spricht, wo
seine Berichte leicht zu kontrollieren sind, was mag er den Leuten
erst aus den Provinzen aufgebunden haben!
8. Februar, Mittwoch. Die Luft lau, wie gestern, der
Himmel rein und sonnig. Ich werde immer abgespannter, Kopf
eingenommen, Schwindel zum Umfallen. Es kann auch die ge—
wöhnliche Frühjahrsmattigkeit sein. Wollen sie uns möglichst ver—
beißen. Der Chef ist ungewöhnlich zeitig auf und fährt schon drei
Viertel auf zehn Uhr zum Könige. 1 Kurz vor ein Uhr kommt Favre
mit einem ganzen Schwarm von Franzosen an, es müssen zehn oder
zwölf sein. Er konferiert mit dem Minister, der vorher mit uns
frühstückte. Sonst waren noch Dönhoff und der Schwager Hatzfeldts,
ein Mr. Moulton, dabei, der ein etwas dreister, aber amüsanter
junger Herr ist.
Abends ißt der Chef mit seinem Sohne beim Kronprinzen,
vorher aber noch eine Weile bei uns. Er bemerkt wieder mit An-
erkennung, daß Favre seinen „malitiösen Brief“ nicht übel genommen,
sondern ihm dafür gedankt habe, und fügt hinzu, daß er, der Chef,
ihm mündlich wiederholt, daß es Pflicht für ihn gewesen sei, das,
was er einrühren geholfen habe, nun auch mit auszuessen.
Er erwähnte dann, daß heute die Beschaffung der Kontribution
von Paris besprochen worden sei, daß sie den größten Teil davon
in Banknoten zahlen wollten, und daß wir dabei Verluste haben
könnten. „Wieviel das, was sie anbieten, wert ist, weiß ich nicht,“
sagte er. „Aber jedenfalls wollen sie dabei verdienen. Sie müssen
aber alles zahlen, was ausgemacht ist, da lasse ich keinen Franken ab."
Wie er aufstand, um zu gehen, gab er Abeken ein Telegramm
auf rosenrotem Papier und sagte: „Dieses ist mir Worscht; ich
kann mich ohne Orleans behelfen — und zur Not auch ohne Louis."
Duparc-Duvernois ist wieder abgereist.
9. Februar, Donnerstag. Heute waren die Pariser einmal
1 B. war damals wieder mehr beim Generalsvortrag, der auch jetzt täglich
stattfand, obwohl der Kaiser seit dem 5. Februar an einem schmerzhaften Heren-
schusse litt. Schneider III, 177f. Roon III/4, 297.
* Kaiser Friedrichs Tagebuch vom 8. Februar.