Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

11. Februar Neunzehntes Kapitel 163 
diesen Tagen siebenmalhunderttausend Franken verdient haben solle. 
„Man muß ihnen merken lassen, daß wir das wissen — sagte er 
mit einem Blick auf mich —, das ist gut bei den Friedensverhand— 
lungen.“ Wurde ohne Verzug besorgt. 
Abends im Auftrage des Kanzlers mehrere Artikel gemacht. 
Der erste führte aus, wir dürften uns die Unverschämtheit der 
Pariser Journalisten nicht länger gefallen lassen. Es ginge über 
das Maß des Erträglichen und über die Grenze vornehmer Duld— 
samkeit hinaus, wenn die französische Presse sich unterstünde, uns, 
die Sieger, vor den Mauern der Hauptstadt, die ganz und gar in 
unsrer Gewalt sei, ins Gesicht zu verhöhnen und verleumden. Auch 
sei ihr Hetzen und Lügen dem Abschluß des Friedens hinderlich, 
da es beide Teile erbittre und den Eintritt einer ruhigen Stimmung 
verzögere. Man habe dies bei Abschluß der Konvention über den 
Waffenstillstand nicht voraussetzen können, und man werde bei einer 
infolge jener Verzögerung etwa notwendig werdenden Verlängerung 
des Waffenstillstandes erwägen müssen, welche Mittel es gebe, um 
fernern Verhetzungen wirksam vorzubeugen. Das geeignetste Mittel 
wäre ohne Zweifel die Besetzung der Stadt selbst durch unfre 
Truppen. Wir würden damit der französischen Regierung eine 
schwere Sorge abnehmen und zur Verhütung übler Folgen von 
aufreizenden Preßerzeugnissen unfrerseits möglich machen, was 
ihrerseits vielleicht unerfüllbar sei. 
Der zweite Artikel hatte folgenden Gedankengang: Der Progres 
de Lyon habe behauptet, daß der Reichskanzler Favre in betreff 
Belforts und der drei südöstlichen Departements dupiert habe. Das 
sei aber eine Fälschung und Entstellung des Sachverhalts, der 
folgendermaßen gewesen sei. Der Chef habe bei den Verhandlungen 
über den Waffenstillstand verlangt, daß die Belagerung von Belfort 
davon ausgeschlossen sein solle, also ihren Fortgang haben könne. 
Darauf habe Favre, vermutlich irregeleitet durch erfundne Erfolge 
der französischen Waffen, die die Provinzialpresse gebracht hatte, 
und in der Meinung, daß Bourbaki noch große Thaten gegen uns 
verrichten und Belfort entsetzen würde, die Forderung gestellt, daß 
diesem ebenfalls die freie Bewegung vorbehalten bleibe. Wir 
hätten nun allerdings die Voraussetzungen dieses Verlangens nicht 
geteilt, aber auch keinen Grund gesehen, uns ihm zu widersetzen. 
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