24. Mai 1871 Einundzwanzigstes Kapitel 253
zialisten gewarnt waren und die europäische Presse ein Thema zu De—
klamationen über neue Karlsbader Beschlüsse erhalten würde, denen,
nach der tendenziösen Kompilation älterer Rotbücher zu schließen,
der Reichskanzler eine seiner eignen Popularität günstige Richtung
zu geben nicht verschmähen würde.“ Der Botschafter soll ihm daher
sagen, daß wir auch ohne eine offizielle Aufforderung seinerseits
ihm über unsre Beobachtungen von dem Zusammenhange der kom—
munistischen Parteien Mitteilungen machen würden.
In einem an S. gerichteten Briefe vom 26. Juni ferner heißt
es: „Ich begegnete bei ihm (dem Freiherrn von Gablenz) einem
größern Entgegenkommen, auf eine gemeinsame Haltung dieser
Gefahr (der sozialistischen Agitation) gegenüber einzugehen, als wir
bisher in Wien gefunden haben. Er war der Ansicht, daß der
Kaiser Franz Joseph sehr geneigt sei, der von uns angeregten Ver—
ständigung näher zu treten. Ich habe ihm nicht verhehlt, daß des
Grafen Beust Verlangen, diese Anregung in Form einer Note zu
erhalten, unsern Eifer einigermaßen herabgestimmt habe.“
B. meldet unterm 18. Juni, daß Baron d'Anethan mit dem
Vorschlage des Chefs gegenseitiger Mitteilung der über die Aus—
dehnung und Richtung der sozialistischen Organisation gesammelten
Erfahrungen und zu Anerkennung des Grundsatzes, daß die sozia—
listischen Bedrohungen von Leben und Eigentum dem Kreise der
gemeinen Verbrechen angehören, vollkommen einverstanden sei und
es für durchaus notwendig halte, daß die Regierungen sich unter
einander über die Feststellung eines internationalen Prinzips ver—
einigten und auf dieser Basis mit rücksichtsloser Energie gegen das
revolutionäre Treiben vorgingen. Der belgische Minister habe scharf
das Verfahren Englands getadelt und die Besorgnis geäußert,
daß es schwer sein werde, die englische Regierung zu einer gemein-
samen Verständigung geneigt zu machen.
Es ist Grund vorhanden, anzunehmen, daß die ganze An-
regung wohl weniger die Gefährlichkeit der sozialistischen Organi-
sation, die allerdings von mir auf Befehl des Chefs in der Presse
und dann aus eignem Antrieb in der Schrift „Zur Geschichte der
Internationale“ (Leipzig, 1872) stark hervorgehoben wurde, als die
durch sie gebotne Gelegenheit im Auge hatte, die verschiednen Mächte
in einer Angelegenheit zusammenzuführen und namentlich zweien von