Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

260 Einundzwanzigstes Kapitel 19. Juni 1871 
bis auf 25 Schritte gegen unsre auf dem uns zustehenden Terrain 
vorgerückt, und der Chef, dem Waldersee dies am 16. mitteilt, 
weist ihn zu gleicher Zeit an, Bestrafung des Offiziers zu ver- 
langen, der sich dieses Bruchs der Verabredung schuldig gemacht 
habe, und fügt hinzu, daß unfre Leute Befehl haben, die ihnen 
auf Schußweite gegenüberstehenden Franzosen anzugreifen, wenn 
diese nicht noch im Laufe des Tages von selbst zurückgehen; auch 
werde er sofort beim König Sistierung aller Rückmärsche, bis Genug- 
thuung erfolgt sei, beantragen. — Zu gleicher Zeit geht ein Telegramm 
ähnlichen Inhalts an Favre ab, worin es am Schlusse heißt: Les 
protestations du commandant allemand contre cette violation. 
des stipulations en vigueur sont restées infructueuses. Je regrette 
vivement un incident, qui trouble les relations de confiance 
mutuelle, qui commençaient à naitre. — Die Franzosen sind über 
dies quos ego sehr erschrocken gewesen, namentlich Mac Mahon, 
und haben sofort gesorgt, daß ihre Truppen von der Stelle ab- 
zogen, an die sie nicht gehörten. 
Favre hat erklärt, Pouyer-Quertier?*) könne die erste halbe 
Milliarde nicht vor dem 15. Juli zahlen, weil das Finanzmini- 
sterium (von den Kommunardeng zerstört sei. Auch sei das rétablisse- 
ment de Tordre noch nicht erfolgt, das Artikel 7 des Friedens- 
vertrags erwähne. Der Chef bezeichnet in einem Telegramm von 
vorgestern die letzten Außerungen als „unverschämt“ und weist 
Waldersee an, Favre zu bemerken, wenn nicht am 1. Juli gezahlt 
werde, so habe Frankreich den soeben genannten Artikel unerfüllt 
gelassen. 
Waldersee meldete ferner vorgestern, daß er Favre sein Be- 
glaubigungsschreiben überreicht habe und sodann von Thiers 
empfangen worden sei. Beide Herren hätten ihn sehr höflich und 
zuvorkommend aufgenommen. Am 26. Juni solle eine sechsprozentige 
freiwillige Anleihe von zwei Milliarden mit 15 Prozent Anzahlung 
aufgelegt werden. Mit dem hierdurch gewonnenen Gelde und 
einigen disponibeln Mitteln werde man 375 Millionen Franken 
zahlen. Thiers habe versichert, daß er beim besten Willen nicht die 
völlige Entrichtung der ersten halben Milliarde vor dem 10. Juli 
  
*) Französischer Finanzminister.
	        
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