Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

30. Juni 1871 Einundzwanzigstes Kapitel 269 
allen Stücken irrtümlichen Behauptungen des Generals als besser 
unterrichtete widerlegen würden, und wir erwarten eine solche Er— 
klärung noch. Erfolgt das Desaveu nicht, so würden wir es an— 
gezeigt finden, wenn man deutscherseits die Sache in die Hand 
nähme und die diplomatischen Schriftstücke veröffentlichte, aus denen 
hervorgeht, daß und wie jener Vorschub wirklich geleistet worden 
ist, und zwar auf Wunsch und Aufforderung der Versailler Re— 
gierung.“ 
30. Juni. In den letzten Tagen wieder eine Anzahl inter— 
essanter Eingänge und Konzepte gelesen. Tauffkirchen, der Ver— 
treter Bayerns bei der Kurie, hat unterm 21. d. M. aus Rom 
gemeldet, daß der Papst tags vorher mit ihm über die von seiten 
der Kommunisten der Gesellschaft drohenden Gefahr gesprochen habe. 
„Sie sind — hat er sich geäußert, in dem er einige Fliegen von 
seinem Tische scheuchte — wie diese Insekten. Es hilft nichts, einige 
zu töten, es hilft noch weniger, sie zu verscheuchen; man muß 
allgemeine Vorkehrung treffen, ihr Eindringen und ihre Vermehrung 
zu verhindern.“ — In betreff der Übersiedlung der italienischen Re— 
gierung nach Rom heißt es in einer Depesche dieser Tage ungefähr, 
wenn sich der König dorthin begebe, würden die Gesandten nach 
diplomatischem Brauche ihm folgen. Wenn der Minister des Aus— 
wärtigen ohne seinen Monarchen dahin gehen sollte, so würden die 
Geschäfte dafür maßgebend sein, wann und wie lange ein Gesandter 
zum Behufe persönlicher Besprechung nach Rom reise. Frankreich 
und Osterreich hätten ihre Vertreter angewiesen, ohne Rücksicht darauf, 
ob Viktor Emanuel nach Rom gehe, dem Minister dorthin zu folgen; 
dann aber würden jene mit Hinterlassung eines Vertreters auf Ur— 
laub gehen. — In einer Depesche an Waldersee vom 25. d. M. 
fand ich den Satz: „Die Erhaltung von Gesandtschaften der Bundes- 
staaten im Auslande liegt nicht im Interesse des Reiches. Wir 
können aber ihr allmähliches Verschwinden von der Zeit und den 
Budgetdebatten der Einzelstaaten erwarten.“ — Nach einem Be- 
richte Tauffkirchens hat der Fürst Löwenstein-Heubach, der im Auf- 
trage der Klerikalen nach Rom gereist ist, dort dem Kardinal An- 
tonelli mit den Folgen einer Desavouierung der Zentrumsfraktion 
des Reichstages vor dem Beauftragten des Reichskanzlers gedroht. 
2. Juli. Gestern fragte mich der Chef, ob ich Braß nicht,
	        
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