Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

30. August 1871 Zweiundzwanzigstes Kapitel 279 
deutlich, daß die deutsche Nation mit ihm keinen ehrlichen Frieden 
schließen kann. Beide Elemente, das ultramontane und das sozia— 
listische, sind vielmehr geborne Gegner Deutschlands.“ 
30. August. Abeken hat unterm 20. d. M. aus Gastein 
an Thile im Auftrage des Reichskanzlers ein nach den Angaben 
des Kaisers Wilhelm aufgesetztes Resumee der Unterhaltungen des— 
selben mit dem Kaiser Franz Joseph geschickt, die auf der Fahrt 
von Salzburg nach Ischl stattgefunden haben. Es lautet im Auszuge: 
„Nachdem die beiden Majestäten im Wagen beisammen saßen, 
begann der Kaiser von Osterreich sofort damit, die Freude auszu- 
sprechen, die er über die großen und glücklichen Erfolge Seiner 
Majestät des Kaisers und Königs und seines Heeres empfunden 
habe. Das Gespräch kam dann auf die innern zerrütteten Zustände 
Frankreichs und von da auf die Gefahren, die allen Regierungen 
von der Gesellschaft der Internationale und den damit zusammen- 
hängenden kommunistischen und sozialistischen Bestrebungen drohten. 
Seine Mojestät erwähnte der letzten hierauf bezüglichen Mitteilung 
der französischen Regierung vom 16. Juli, die dem Kaiser von 
OÖsterreich auch bekannt und gegenwärtig zu sein scheint, und als 
Seine Majestät bemerkte, daß dieselbe neben vielen Phrasen doch 
auch einen praktischen Gedanken enthielte, nämlich, daß die Mächte 
womöglich zu einer Konferenz zusammentreten möchten, um sich über 
die Ursachen und die Abwehr der Gefahr zu verständigen, erwiderte 
der Kaiser von Österreich, daß dies ein guter Gedanke sei, dem 
Folge gegeben werden müsse. — Der Kaiser von Österreich erwähnte 
der innern Schwierigkeiten, mit denen er zu kämpfen habe, sprach 
aber die Hoffnung aus, sie zu überwinden. Mit den Tschechen 
hoffe er zunächst zu einem Ausgleiche zu kommen; es sei alles 
vorbereitet, und zu seinem Geburtstag, dem 18. August, stünden 
die Bekanntmachungen bevor, die hoffentlich Böhmen befriedigen 
würden. Den Inhalt derselben gab er nicht näher an.1 
„Von den Deutschen in seinem Reiche bemerkte der Kaiser 
Franz Joseph, daß sie ihm durch zu weit gehende Ansprüche Not 
machten. Seine Majestät nahmen zum Schlusse der Unterhaltung 
  
1 Hohenwarts sog. Fundamentalartikel, die das „böhmische Staatsrecht“ 
anerkannten.
	        
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