Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

25. Januar 1872 Zweiundzwanzigstes Kapitel 305 
heute in Empfang zu nehmen, wenn er nicht von Nachtarbeiten er— 
müdet und von Besuchen der königlichen Familie abgehalten worden 
wäre. Er werde aber nächstens einen Tag dazu festsetzen. Werthern 
schreibt dies der Ungeschicklichkeit Eisenharts, weniger der Menschen— 
scheu des Königs zu. — Hesse meinte: „Das wird einen Wischer 
geben, d. h. für den Gesandten. Sehen Sie mal hier.“ Der Chef 
hat nämlich die Stelle, wo von dem zweiten Besuche bei Eisenhart 
die Rede ist, und die, wo die dringliche Weise der Bitte Wertherns 
erwähnt wird, unterstrichen und ein dickes Fragezeichen an den 
Rand geschrieben. 
Seit dem Ordensfeste ist bei uns fast von nichts mehr die 
Rede als von Knopflochdekorationen und höhern Beglückungen der 
Art. „Zweite Klasse“ — „mit der Schleife“ — „am Ringe“ — 
„mit Eichenlaub“ und ähnliche Delikatessen werden mit mehr oder 
minder Kennerschaft und Leidenschaft diskutiert, wobei Abeken mit 
dem ihm eignen Gebärdenspiel und Redefluß die feinste Kenntnis 
der Unterschiede in dieser Schmetterlingswelt entwickelt, Roland und 
von Alvensleben ihm darin nur wenig nachstehen. 
25. Januar. Die klerikale Partei hat den Artikel vom 17. 
zu widerlegen versucht, und der Chef will ihr geantwortet wissen, 
wozu Bucher eine Skizze der Gedanken des Fürsten über die Sache 
überbringt. Der daraus entstandne Aufsatz, der wieder der Köl- 
nischen Zeitung zugehen soll, lautet: „Meine Korrespondenz über 
die Stellung der Tuilerien zu Rom vor Ausbruch des Krieges 
scheint einen wunden Punkt der Ultramontanen getroffen zu haben. 
Sie antworten darauf in ihrem Bonner Organ im Tone starker 
Gereiztheit und wie in der Stimmung sso wörtlich der Chef], die 
man hat, wenn uns der Zahnarzt einen angegangnen Zahn anfaßt. 
Ihr Verdruß verirrt sich manchmal so, daß sie das Gedächtnis und 
Urteil verläßt. Wir lesen da unter anderm: „Ollivier war ein er- 
klärter Gallikaner, also Gegner des Papstes und der Jesuiten. Seine 
Kollegen waren fast sämtlich liberale Katholiken. — „ Dem ent- 
sprechend hatte Graf Daru nichts Eiligeres zu thun, als nach Rom 
eine Drohnote zu richten, wie keine Regierung hinsichtlich des Konzils 
zu thun sich unterfangen hatte. Er that alles, um die Entscheidung 
im Sinne der Minderheit herbeizuführen, und drohte mit den Folgen, 
die die Definition der Unfehlbarkeit nach sich ziehen müse. und die 
Busch, Tagebuchblätter II
	        
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