Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

18 Sechzehntes Kapitel 7. Januar 
Sonnabend, den 7. Januar. Wir haben jetzt — vielleicht 
schon seit einigen Tagen — im Hause eine Wache von hellgrünen 
Landwehrjägern, ältern Herren mit langen wilden Bärten. Sie 
sollen lauter vorzügliche Schützen sein. Auf Anregung Habers, der 
vermutet, daß sich in Odilon Barrots Hause zu Bougival das eine 
oder das andre für uns wichtige politische Schriftstück finden ließe, 
machten Bucher und ich diesen Morgen einen Ausflug zu Wagen 
dahin.)) Das Wetter war trüb und kalt. Nebel rieselte vom 
Himmel. Wir suchten erst Haber in Beauregard auf, um uns die 
Lage der Barrotschen Villa beschreiben zu lassen. Dann ging die 
Fahrt weiter, an allerhand Verteidigungsanstalten, Mauern mit 
Schießscharten, halb zerstörten Landhäusern, einer umgeknickten 
Baumschule und dergleichen vorbei, in den Grund unter La Celle 
Saint Cloud hinab, wo das langgestreckte Bougival mit seiner 
hübschen alten Kirche liegt. Auf dem Wege durch das Städtchen 
waren nur Soldaten zu sehen, auch hinter den Fensterscheiben der 
Häuser ließ sich kein Zivilist blicken, da man die Bevölkerung nach 
dem letzten oder vorletzten hierher gerichteten Ausfall gezwungen 
hatte, sich zu entfernen. In der Mitte des Ortes, wo sich an einem 
kleinen Platze zwei Straßen kreuzen, und wo die preußische Wache 
war, stiegen wir aus und ersuchten den Vizefeldwebel, der hier 
befehligte, uns einen Soldaten als Führer und Begleiter mitzu- 
geben. Zuerst begaben wir uns an der greulich verwüsteten Apo- 
theke vorüber, neben der ein Posten den Zugang zu dem vor einigen 
Wochen hier entdeckten ungeheuern Weinlager hütete, nach einer ge- 
waltigen Barrikade, die den Ausgang der Straße nach der Seine 
hin sperrt. Sie besteht aus Tonnen und Fässern, die mit Erde 
und Steinen gefüllt sind, sowie aus allerlei Hausrat, Kommoden 
aus Mahagoni, Kleiderschränken, gepolsterten Armsesseln, Stühlen, 
einer Badewanne von Blech oder Zink und dergleichen. 
Dann suchten wir auf der nach Malmaison hinausführenden 
schmalen Gasse das Haus, das unser eigentliches Ziel war. Die 
Gasse hatte gleichfalls mehrere Barrikaden mit Gräben, und das 
  
*) Ich hatte den Minister am Abend vorher um Erlaubnis dazu gebeten, 
und er hatte geantwortet: „Ja, das ist recht schön, aber es ist eine Privat- 
bibliothek, und da würde ich die Sachen für Herrn Odilon Barrot retten müssen. 
Aber wenn was Politisches dabei wäre. Na, sehen Sie nach.“
	        
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