Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

310 Zweiundzwanzigstes Kapitel 7. Februar 1872 
teilung, gehabt habe, worin sich dieser zu der Behauptung ver— 
stiegen hätte, man könnte sich Rumänien gegenüber nicht anders 
helfen, als in ähnlichen Fällen nach vorher gegangnem Einverständnis 
zwischen den Nachbarmächten einer von diesen den Auftrag zu er— 
teilen, das Land zu besetzen. . . . „Als ich ihn — fährt R. fort — 
darauf aufmerksam machte, daß er gerade das vorschlage, wovon 
er uns immer so dringend abgeraten hätte, nämlich die Pariser 
Verträge zu brechen, erwiderte er, ein solches Vorgehen könne 
eben nur im äußersten Falle eingeschlagen werden. Frankreich 
existierte nicht mehr, und wenn Deutschland, Rußland und Osterreich 
einig wären, würde England keine Einwendungen machen.“ Das 
Schreiben nennt das einen „sprudelnden Ausbruch des Direktors 
der asiatischen Abteilung.“ — Kaiser Alexander hat seine Billigung 
des Verfahrens der Berliner Regierung in Sachen des Schulauf— 
sichtsgesetzes geäußert, zugleich aber bedauert, daß man sich dabei 
mit der konservativen Partei überworfen habe. 
M. in Hamburg charakterisiert in einem Referat vom 2. Februar 
den Hamburger Korrespondenten. Dieser ist nach ihm von jeher 
das Organ der dort herrschenden Partei gewesen. Er hat die An— 
schauungen und Interessen der regierenden Kreise und, was davon 
bis in die neuste Zeit nicht zu trennen gewesen ist, eine entschieden 
preußenfeindliche Richtung vertreten. Nach den umgestaltenden Er— 
eignissen des Jahres 1866, so heißt es weiter, ging die Zeitung, 
deren finanzielle Lage eine nichts weniger als günstige war, in den 
Besitz eines aus den angesehensten hiesigen Kaufleuten gebildeten 
Konsortiums über, zu dem ausgesprochnen Zwecke, in Gemeinschaft 
mit der Börsenhalle, die gleichfalls erworben wurde, für die konser— 
vativen Interessen und vor allem für die Wahrung der Autonomie 
Hamburgs und namentlich für die Freihafenstellung in die Schranken 
zu treten. Das Unternehmen siechte eine Zeit lang, bis in der 
Person des Dr. Eckardt (Livländer, erst Redakteur der Rigaer Zeitung, 
dann der Grenzboten) ein rühriger, gescheiter Mann, der später 
eine Anzahl ganz interessanter Bücher über russische Verhält— 
nisse und Persönlichkeiten schrieb und in der Zeit meiner Anstellung 
im Auswärtigen Amte auch für uns thätig war, ein andrer Re— 
dakteur gewonnen wurde, unter dessen Leitung der Korrespondent 
sich zu der Bedeutung eines politischen Blattes erhob. Die Resultate
	        
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