20. Febr. 1872 Zweiundzwanzigstes Kapitel 321
und seine militärischen Freunde im Auslande verteilt, respektive ver—
sandt hatte.
„Das gab zu denken, und es sollen Leute vorkommen, die das
Dementi beinahe für eine solche Fabel zu halten geneigt sind, wie
der obengedachte Brief unsrer Meinung nach ist. Wir gehören zu
jenen Zweiflern allerdings nicht, da wir wissen, daß Gesandte nie
lügen. Aber unsre Freude, daß Schweden keine unumschränkte
Monarchie ist, wird durch diese Erklärung des Baron Hochschildt
in der Times nicht gemindert.“
20. Februar. Früh wieder Depeschen gelesen und zu blei—
bender Information ausgezogen. Die Königin Olga, die vor etwa
acht Tagen auf der Reise nach Petersburg in Berlin war, hat sich
in einem Briefe an ihren Gemahl über den Inhalt der politischen
Unterredung, die sie mit dem Reichskanzler gehabt hat, sehr erfreut
und über die eben so herzliche als glänzende Aufnahme, die sie in
Berlin gefunden hat, äußerst befriedigt ausgesprochen. — Aus Paris
schreibt man unterm 9., daß der General Fleury bei Orlow ge—
wesen und zu ihm „ganz im Sinne des bekannten Memoires“ (siehe
oben) gesprochen habe. Thiers müsse aufgefordert werden, die Nation
zu einem Plebiszit zusammen zu berufen, denn Europa habe ein
Interesse daran, die monarchische Ordnung in Frankreich wieder zu
befestigen. Zugleich hat der General Fleury dem Fürsten nicht
vorenthalten, daß der Kaiser Napoleon sehr schmerzlich davon be—
troffen sei, Rußland durch einen Botschafter bei der republikanischen
Regierung vertreten zu sehen. Es habe fast den Anschein, als be—
trachte die kaiserliche Regierung den Präsidenten Thiers als den
definitiven Regenten. Fürst Orlow hat den General durch die Ant—
wort überrascht, daß die kaiserliche Regierung allerdings jede Re—
gierung in Frankreich als eine definitive betrachte, so lange sie
eben existiere. Fleury hat den Fürsten enttäuscht, vielleicht etwas
pikiert verlassen. — Man berichtet aus Rom unterm 13., daß
der Gesundheitszustand der Kronprinzessin ihrer nächsten Umgebung
Besorgnis einflöße — sie soll sich im ersten Stadium eines Brust—
leidens befinden, gegen das die alte Schule nichts vermöge —,
daß sie ferner vielleicht im nächsten Sommer mit ihrem Gemahl
Deutschland besuchen werde, und daß eine in der römischen Gesell-
schaft hochstehende Persönlichkeit sich vertraulich geäußert habe,
Busch, Tagebuchblätter II 21