27., 29. Febr. 1872 Zweiundzwanzigstes Kapitel 327
Schlaganfall gehabt habe. So muß es dem dummen Dünkel er-
gehn, mit dem einige der Herren im vorigen Frühjahr, als ich ihnen
einen Wunsch des Kanzlers ausrichtete, mit den Worten ablehnend
antworteten: „Das thun wir nicht, denn wir werden sehen, wer zu-
letzt Recht behält. Die Kreuzzeitungspartei ist älter als der Graf
Bismarck, und sie wird länger bestehen als sein Regiment.“ Der
betreffende, in der That sehr kräftige Artikel bei Braß war übrigens
zum Teil vom Chef selbst verfaßt.
Ebenso war der Artikel der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung
Nr. 41 vom 17. Februar, der die Zugeständnisse bespricht, die man
den Polen in Galizien gemacht hat, wie Bucher mir mitteilte, vom
Minister selbst ausgegangen.
27. Februar. Diesen Abend sagte mir Bucher, daß der Chef
seit gestern „ungewöhnlich irritiert“ sei und Roland, Bölsing sowie
heute auch Alvensleben (der an Bohlens Stelle jetzt als Kabinettschef
für allerlei kleine Angelegenheiten bei ihm arbeitet) äußerst hart an-
gelassen habe. Der Grund seiner Gereiztheit wäre wohl darin zu
suchen, daß Camphausen die Steuervorlage, die der Fürst durchaus
gewünscht hatte, nicht habe machen wollen, und daß dieser nicht die
Macht habe, den Kollegen zu zwingen.
29. Februar. Drei Eingänge vom 26. gelesen und dem Haupt-
inhalte nach notiert. Man meldet aus Stockholm, daß der König
Karl immer noch sehr schwach ist, und daß seine Arzte ihm „eine
sechswöchige Reklusion zum Gebrauch einer schwierigen Thrankur zur
Vorbeugung gegen die zunehmende Verhärtung der innern Organe
verordnet haben.“ Der in diesen Tagen in Paris gewesene russische
General Lewaschew soll sich gegen galizische Polen dahin aus-
gesprochen haben, daß man in Petersburg mit der Absicht umgehe,
das System Wielopolskis wieder aufzunehmen und Polen eine un-
abhängigere Stellung zu geben. Orlow, darüber befragt, hat die
Sache als ein Mißverständnis auf seiten der Polen bezeichnet. —
Abeken hat am 26. für den Chef einen Auszug aus einem Bericht,
datiert Pera, den 14. Februar, angefertigt, in dem es heißt: „Ruß-
land hat die bulgarischen Wünsche begünstigt, und General Ignatiew
hat eifrig für ihre Erfüllung gewirkt. Die Griechen, deren Einfluß
auf die Balkanhalbinsel dadurch erheblich vermindert wird, sind er-
bittert gegen Rußland, und Herr von Radowitz selbst bezeichnet es