Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

370 Zweiundzwanzigstes Kapitel 19. Juli 1872 
Staat seiner Natur nach berufen ist. Die Fragen, die auf dem 
Gebiete der Vereinsgesetzgebung liegen, sind im Ministerium des 
Innern und Justizministerium vorzuberaten. Die Lage der Vor— 
arbeiten aber läßt den Zeitpunkt des Zusammentritts der diesseitigen 
mit den österreichischen Kommissarien zu gemeinschaftlichen Be- 
sprechungen noch nicht bestimmen, obwohl der angelegentliche Wunsch 
obwaltet, ihn möglichst zu beschleunigen. Ubrigens hat die preußische 
Gesetzgebung schon in mannigfacher Weise Anordnungen getroffen, 
die die Einrichtungen und Kassen zur Unterstützung der Arbeiter zu 
erleichtern und zu regeln bestimmt sind. Auch Gewerbe= und Schieds- 
gerichte zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Gewerbtreibenden 
und deren Gehilfen, zwischen Fabrikinhabern und Fabrikarbeitern 
sind vorgesehen, und zwar ist dies insbesondre durch die preußische 
Gewerbeordnung und durch die diese ergänzenden Verordnungen, 
sowie durch das Berggesetz und die auf Straßen= und Kanalbau 
bezüglichen Gesetze geschehen. 
19. Juli. Von Bucher folgenden Brief erhalten: „Verehrtester 
Herr Doktor, bis jetzt keine Chancen für Sie (ich hatte um reich- 
lichere Aufträge gebeten). Er liest die Zeitungen mit dem neu- 
tralen Interesse eines Rentiers, amüsiert sich, ärgert sich ein bischen, 
zeigt aber nicht die mindeste Neigung, einzugreifen (worüber ich mich 
nicht gräme). Wenn der Karlsbader abgemacht ist, und Wartens- 
leben mich abgelöst hat, 1. August, wird sich die Aussicht besser 
gestalten. 
„Die Zuschriften werden unerträglich, und er geht damit um, 
eine Art Proklamation dagegen zu erlassen. Vielleicht ersparen 
Sie ihm das, indem Sie in einer entfernten aber gelesenen Zeitung 
etwa folgende aus Stolp datierte Korrespondenz bringen: 
„Trotz der Notiz in der N. A. Z., daß u. s. w., 1 nehmen die 
an den F. B. gerichteten Privatschreiben mit Gesuchen um Unter- 
stützungen, Darlehn, Anstellungen, Ankauf von Gütern, Einlösung 
von Pfandscheinen, Befürwortungen aller Art, mit Vorschlägen zu 
Weltverbesserungen verschiedensten Kalibers, Anbietungen von Manu- 
skripten, für die kein Verleger zu finden, u. dgl. in schneller Pro- 
gression zu. Man versucht R. K. zur Eröffnung und Lesung der 
  
1 vom 4. Juli, Bismarck-Regesten II, 49.
	        
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