Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

29. Juli 1872 Zweiundzwanzigstes Kapitel 371 
Briefe zu zwingen oder zu verleiten durch Rekommandierung, durch 
Vermerke auf dem Couvert wie »Eigenhändig«, »Wichtiger Inhalt«, 
»Bitte selbst zu lesen«, oder durch Bezugnahme auf Empfehlungen. 
Andre richten ihr Schreiben an den Legationsrat Bucher und muten 
ihm zu, die vollkommne Ruhe, die ein Bedürfnis der Kur ist, durch 
Vortrag des Inhalts zu stören, in der Regel mit der stereotypen 
Formel beginnend: »Ich weiß zwar, daß Sie wenig Zeit haben 
und der Fürst noch weniger, hoffe aber, daß doch eine Ausnahme 
statthaft sein wird.« Der Fürst hat daher neuerdings die Anordnung 
getroffen, daß die Annahme aller an ihn adressierten Privatbriefe 
verweigert wird, die nicht als von Verwandten oder Freunden her— 
rührend erkennbar sind.« 
„Die Korrespondenz müßte so gehalten sein, als ob sie von 
einem Stolper abgesandt worden, der hier zum Besuche gewesen (ohne 
dies gerade zu sagen). Vours very truly.“ Wurde sofort für die Köl— 
nische Zeitung zurecht gemacht, in der es einige Tage später erschien. 
29. Juli. In einem Berichte vom 27. d. M. heißt es: „Der 
Graf Tauffkirchen, 1 der kürzlich in Urlaub von Rom in München 
angekommen ist, hat W. nur einiges mitgeteilt, was er kurz vor 
seiner Abreise über die angebliche Bulle: Praesente cadavere 
erfahren habe. Bekanntlich schreibt eine Bulle Pius des Sechsten 
von 1797 den zehntägigen Termin vor, nach dessen Ablauf erst 
zur Wahl eines neuen Papstes geschritten werden darf. Dagegen 
enthält das Bullarium Romanum, Band XIII, S. 92 und fol— 
gende eine Bulle Pius des Siebenten vom 6. Februar 1807, die 
diese Bestimmung modifiziert und die Formalitäten vorschreibt, unter 
denen bei eintretenden politischen »Perturbationen« die Papstwahl 
erfolgen kann. Sie bestimmt, daß der zehntägige Termin nicht 
eingehalten zu werden braucht, wenn mehr als die Hälfte der Kardi— 
näle — also jetzt fünfundzwanzig — sich dafür entscheidet. Die 
auswärtigen Kardinäle brauchen nicht abgewartet zu werden, müssen 
aber eingeladen worden sein. Die Wahl des Ortes bestimmen der 
Kardinaldekan (Patrizzi) und die Capi d'Ordini (de Angelis und 
Antonelli) sowie der Camerlengo. Nach diesen Vorschriften würde 
wahrscheinlich bei der nächsten Wahl verfahren werden.“ 
  
1 Der deutsche Geschäftsträger in Rom. 
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