Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

21. Januar 1873 Zweiundzwanzigstes Kapitel 385 
Württembergs und wird darin von den Damen ihrer Umgebung, be— 
sonders der Baronin von Massenbach, sowie von Egloffstein bestärkt, 
der auch im Auftrage der Königin auf den König wirkt. So 
hat das Ministerium Egloffsteins Entfernung von seinem Posten 
verlangen müssen, und der König hat sie sogleich bewilligt. Egloff— 
stein hat auch den wohlgesinnten General von Spitzemberg während 
einer Krankheit des Generals aus der Gunst des Königs ver— 
drängt, desgleichen durch eine bejahende Antwort Gassers Frage, 
ob er als Gesandter Bayerns in Stuttgart wieder willkommen sein 
werde (nach dem Fiasko seiner Bewerbung um die Stelle des 
Premierministers in München), dessen Wiederabsendung bei König 
Ludwig, dem der Brief gezeigt worden ist, bewirkt. Spitzemberg steht 
jetzt beim König Karl wieder in Gnaden. Mit dem Nachfolger Egloff— 
steins, einem Herrn von Gärtner, ist Mittnacht zufrieden. Sollte 
er im Laufe der Zeit ungenügend erscheinen, so mangle es nicht an 
Personen, die ihn ersetzen könnten. 
21. Januar. Aus dem folgenden Tagebuchblatte könnte ein 
lehrreicher und erheiternder Aufsatz mit dem Titel: „Geschichte eines 
offiziösen Zeitungsartikels“ gemacht werden. Indes begnüge ich mich, 
das Material dazu zu geben und schließlich mit ein paar Worten 
die Wahrheit über die Entstehung des vielbesprochnen Opus und 
dessen Wert zu sagen. Seit geraumer Zeit schon war von einer 
preußischen Ministerkrisis die Rede gewesen, als die Kölnische Zeitung 
am 10. d. M. die nachstehende „Enthüllung“ brachte. 
„Als im Herbst vorigen Jahres an das Herrenhaus abermals 
die Beratung der Kreisordnung herantrat, hatte sich nicht nur der 
Minister des Innern Graf Eulenburg, sondern auch der Souverän 
selbst mit dieser Vorlage durchaus identifiziert. So sehr war in 
den obersten Regionen die Notwendigkeit eines solchen Reformwerkes 
erkannt worden. Schon im Februar 1872 hatte sich ein Ministerial- 
beschluß angesichts der Stimmung der ersten Kammer prinzipiell 
mit der Idee einer Herrenhausreform in Einklang gesetzt, allerdings 
von dem Grundgedanken ausgehend, daß eine solche Reform ledig- 
lich im Sinne eines Conseil d'’Etat, nicht aber in dem einer eng- 
lischen wirklichen Pairskammer zu geschehen habe.) Diese durch- 
  
*) Vgl. das Tagebuchblatt vom 8. November 1872. Band II, S. 380. 
Busch, Tagebuchblätter II 25
	        
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