410 Dreiundzwanzigstes Kapitel 31. Okt. 1875
Ende November 1874 eine Mitteilung der Washington Sentinel
vom 7. d. M. in lbersetzung dem Kurier einverleibte, wonach die
Großloge der italienischen Freimaurer den Papst Pio Nono aus
ihrem Orden ausgestoßen haben sollte; sie war nicht recht glaub-
würdig, aber vielleicht nützlich.
Nach meiner Übersiedlung von Hannover nach Leipzig, die im
Oktober 1875 erfolgte, wurde der briefliche Verkehr zwischen Bucher
und mir allmählich lebhafter. In seiner Antwort auf eine Bitte
um Notizen über die Familie des Fürsten, die ich zu einem von
der Redaktion der Illustrierten Zeitung gewünschten Artikel bedurfte,
schrieb er unterm 31. Oktober aus Varzin:! „Es ist sehr möglich,
daß Ihre Feder erwünschte Dienste leisten kann. Näheres darüber,
wenn Sie in Berlin sind. Schon jetzt wäre es recht zweckmäßig
und von Gamaliel (so nannten wir den Chef als den Meister, zu
dessen Füßen wir in der Schule der Politik gesessen hatten, vor-
sichtshalber in unsrer Korrespondenz) gern gesehen, wenn Sie auf
das Manöver aufmerksam machten, daß Camphausen als das Haupt
und der Hauptsünder, Delponte als ihm folgend oder von ihm
gezogen dargestellt wird, während das Umgekehrte der Fall ist, was
sich schon aus der Persönlichkeit der beiden deduzieren läßt. D. ist
gerieben, C. plump. Delponte läßt seinen Busenfreund als Bock
schlachten, um die grollenden Wogen zu besänftigen.“ Und in einem
Briefe, der vom 6. November und gleichfalls aus Varzin datiert
war, schlug Bucher die Behandlung nachstehenden Themas vor:
„Ein Chor von Zeitungen macht Herrn Camphausen für die Finanz-
politik des Deutschen Reiches verantwortlich. Wir denken aber, Herr
Delbrück ist der Finanzminister und zugleich der Handelsminister
desselben, und es ist ihm auf diesem Gebiete vom Reichskanzler
völlig freie Hand gelassen worden. Sind ihm doch auch immer die
Lorbeeren überreicht worden, so lange man deren hier zu brechen
fand. Herr Camphausen hat an der Verantwortlichkeit für die
preußische Finanzpolitik genug zu tragen."“
Bald nach Erledigung dieser Aufträge gab das Erscheinen des
1 Hier verweilte der Fürst vom 4. Juli bis zum 20. November 1875.
Bismarck-Reg. II, 111. 114, Bucher vom 6. Oktober bis 10. November.
Poschinger, Tischgespräche II, 77.