Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

4. April 1877 Dreiundzwanzigstes Kapitel 413 
Aus dem Artikel zu dem Porträt wurde nichts. Dagegen 
kam der zuletzt erwähnte Cyklus, wenn auch in andrer Weise als 
zuerst beabsichtigt worden war, zur Ausführung. Zunächst aber 
sollte mich Wichtigeres in Anspruch nehmen. 
Unterm 4. April schrieb Bucher: „Gamaliel hat Ihr Anliegen 
sehr freundlich aufgenommen, will die nötigen Anweisungen erlassen 
und Sie sehen, wenn Sie hier sind. 
„Er geht. Es handelt sich nicht um Urlaub, sondern um 
peremptorisch geforderten Abschied. 1 Grund: Augusta,? die den König 
beeinflußt, mit der Königin Viktoria konspiriert, durch die Radziwills 
und andre Kapläne die Pfaffen aufhetzt, von Baden-Baden 
inkognito tötes-à-téötes in der Schweiz mit Mermillod und andern 
wütenden Römlingen hat, was in der Schweiz an Wirtstafeln er- 
zählt wird und richtig ist, wie wir aus andrer Quelle wissen. Nach- 
folger, der die meisten Chancen hat, weil Augusta ihn will, der 
Hausminister Schleinitz. Sie können davon Gebrauch machen, mit 
der Vorsicht, die das Preßgesetz gebietet." 
Natürlich schrieb ich darauf umgehend an Bucher, daß ich mich 
dem Chef bei dieser Lage der Dinge zu allem, was in meinen 
Kräften wäre, sei es, was es sei, zur Verfügung stelle und in den 
nächsten Tagen in Berlin sein werde. Zu gleicher Zeit verfaßte ich 
den ersten der sogenannten „Friktionsartikel“ der Grenzboten," 
die, in besondern Abzügen an die Redaktion der Berliner Haupt- 
blätter versandt und von diesen reproduziert, allgemeines Aufsehen 
erregten und vielfach, selbst von der ausländischen Presse, in günstigem 
und ungünstigem Sinne kommentiert und diskutiert wurden. Dieser 
erste Artikel lautete: 
  
1 Der Fürst reichte am 27. März sein Entlassungsgesuch ein, der Kaiser 
versagte am 7. April die Genehmigung, indem er auf den Rand der Eingabe 
„Niemals“ schrieb und erteilte ihm durch Kabinettsordre vom 10. April längern 
Urlaub. Bismarck-Regesten II, 142. — Schon am 4. Mai 1875 hatte der Fürst 
ein Entlassungsgesuch eingereicht, zu dem er im Februar einen Entwurf ge- 
macht hatte. Unter dem 11. Mai schrieb der Kaiser, gez. „Ihr tief erschütterter 
Wilhelm,“ am 4. Juni gab er ihm längern Urlaub als „Ihr treu ergebener 
Freund Wilhelm.“ Bismarck-Jahrbuch I, 87 ff. 
2 Vgl. G. u. E. II, 161. 170 ff. 188. 196/7. 282 ff. 
3 Vgl. G. u. E. I, 123. 239. 246. 281 ff. 337. II, 188. 198 ff. 227. 282 ff. 
4 Nr. 16 (1877.) S. 112—113.
	        
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