Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

11. April 1877 Dreiundzwanzigstes Kapitel 421 
Belohnung seiner feindseligen Gesinnung gegen mich. — Dann haben 
wir da den Stillfried, den Grafen Goltz und den Nesselrode, die 
alle mit in die Bonbonniere gehören und mit Augusten gegen mich 
und meine Politik Intriguen spinnen und den allergnädigsten Herrn 
gegen mich einzunehmen suchen. Goltz, General der Kavallerie,! ist 
ein Bruder des ehemaligen Pariser Gesandten, dessen Erbschaft des 
Hasses gegen mich er ohne beneficium inventarii angetreten hat. 
Nesselrode, der Oberhofmeister, ist ein bekannter Ultramontaner, 
dessen Beziehungen zu Gehlsens Reichsglocke? bei Gelegenheit des 
Prozesses gegen letztern an den Tag kamen, und der bei den Be— 
ratungen der Redaktion bei Olbrich Sitz und Stimme hatte. Un— 
mittelbar nach diesem elenden Skandal kriegt er einen der höchsten 
Orden, wodurch bestätigt wurde, daß jenes unsaubre Blatt vom 
Palais aus begünstigt worden war. Stillfried, der Heraldiker und 
Zeremoniolog, auch katholisch, war anfangs gemäßigt, später aber 
trat er — vermutlich infolge von Rüffeln der Kaiserin — ebenfalls 
auf die fanatische Seite. Endlich dürfen die beiden Radziwills, der 
ehemalige Sekretär Ledochowskis und der Kaplan, nicht vergessen 
werden. Beide sind Leute von der Zentrumsfraktion, beide gern 
gesehene Gäste in der Bonbonniere. Das Blatt, wo die jetzt ihr 
Gift ablagern — ich meine die evangelische Seite der Klique —, ist 
die Kreuzzeitung. Nathusius, der Redakteur, der lange Zeit schon 
die Leser der Regierung und dem Kaiser abzuwenden bemüht ge- 
wesen ist, und der endlich wegen Verleumdung von Ministern) ver- 
urteilt wurde, ist von Seiner Majestät gegen das eingeforderte Gut- 
achten der Beleidigten begnadigt worden — sicher auf Fürsprache 
der Kaiserin. Sagen Sie, allein dem gegenüber wäre wohl anzu- 
nehmen, daß die mir nachgesagte Außerung, die diplomatische 
Mission zu dem eignen Hofe mache mir die größten Schwierigkeiten, 
mit denen ich zu thun hätte, wirklich von mir gethan worden sei. 
Sie können noch hinzufügen, daß auch der Prinz Karl mir nicht 
  
E. I, 92. 
E. I, 161. 168. 196. 199 ff. 
E. II, 127 ff. 
4 G. u. E. II, 153. 202. 
*) Wie ich später erfuhr, ein Irrtum des Chefs. Das betreffende Vergehen 
war nicht Verleumdung der Minister, sondern Beleidigung des Kirchenrats. 
1 G. u. 
2 G. u. 
3 G. u.
	        
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