434 Dreiundzwanzigstes Kapitel 6. Mai 1877
Wir werden selbstverständlich weitere Einsprüche der Art ignorierend
fortfahren, zu sagen, was wir wissen, und — man wird uns
glauben.“
Ich bemerke dazu, daß der hier angedeutete Reichstags-
abgeordnete und Freund des Fürsten der Amtsrat Dietze (Barby)
war, und daß er seine Warnung vor den Friktionsbriefen unzweifel-
haft ohne vorher Rücksprache mit dem Chef genommen zu haben
in die Welt geschickt hatte. Daß ers mit ihr gut gemeint hatte,
verstand sich bei ihm von selbst.
Einige Tage nach Erscheinen des Grenzbotenartikels schrieb
mir Bucher: „Die Schlußworte des P. S. haben an einer Stelle,
an deren Segen alles gelegen ist, Anstoß erregt: das klänge, meinte
man, so, als ob der Kanzler mit dem Verfasser des Aufsatzes ge-
sprochen habe, und es sei doch gut, einen so autoritativen Ton zu
vermeiden. Soweit die Mitteilung.
„Ich vermute, daß der Eindruck nicht entstehen würde, wenn
man die Magdeburgische Zeitung daneben hätte, deren Artikel ich
nicht mehr habe auftreiben können. Eine ausdrückliche Erklärung,
daß der Eindruck unrichtig ist, natürlich nicht ratsam. Vielleicht
läßt er sich indirekt dadurch verwischen, daß etwa folgendes gesagt
wird.“ Darauf gab er ein Rezept an, wonach ich die vierte Korre-
spondenz unsers Cyklus zubereitete, die in der nächsten Nummer
der Grenzboten erschien und nachstehendes brachte:
Zur Verständigung
Berlin, den 6. Mai
„Wie wir sehen, hat der zweite unfrer Artikel über die Reichs-
kanzlerkrisis in der Presse eine sehr verschiedne Beurteilung er-
fahren. Die Germania hat u. a. die Entdeckung gemacht, daß er auf
die Kaiserin Eugenie gemünzt ist. Andre Blätter waren erstaunt
über das Neue, das sie erfahren hatten. Wieder andre hielten sich
für so genau unterrichtet über die Wahrheit, die bekanntlich auf
dem Grunde eines tiefen Brunnens liegt, daß sie den Inhalt des
Aufsatzes für unwahr oder, wie einige sich mit unhöflicher Ent-
rüstung auszudrücken beliebten, für erlogen erklären konnten.) Noch
*) Höchst ergötzlich war das Urteil, das die Blätter der Fortschrittspartei
abgaben. Die Breslauer Zeitung z. B. ließ sich nach Erscheinen des dritten