Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

14. Mai 1877 Dreiundzwanzigstes Kapitel 437 
zu mäkeln geneigt wären, überraschen wird. Vielleicht können Sie 
aus den Vorschlägen meines letzten Briefes und einigem ältern 
Material einen Lückenbüßer zusammenstellen. Noch besser ist vielleicht 
eine Pause. Man muß den Publikus nicht verwöhnen; er wird 
leicht exigeant und verlangt wöchentlich eine gleich pikante Kost, die 
Sie ihm doch nicht liefern können.“ Am 13. meldete er: „Patient 
(er meinte den Chef) will direkt, ohne B. (Berlin) zu berühren, ins 
Bad — wes ich für sicher halte —, und zwar am Donnerstag — 
was unsicher ist. Wenn ich bis Dienstag etwas andres erfahre, 
so telegraphiere ich an Frau Dr. B.: Fritz besser, soll an dem oder 
dem Tage zum erstenmale ausgehen. Anna. Oder: Fritz muß in 
den Ferien hier bleiben." 
Nun brachten die Grenzboten den fünften Friktionsartikel, der 
folgendes enthielt: 
Friedensengel 
Berlin, den 14. Mai 
„Nach der Mitteilung eines österreichischen Blattes hat, wie wir 
erst jetzt erfahren, der Czas, der bekanntlich das Organ der aristo- 
kratisch-ultramontanen Partei der Polen ist und durch seine Patrone, 
die Radziwills, die Czartoryskis u. a., mitunter recht gute Nachrichten 
über die Stimmung, die Absichten und die Vorgänge in Hofkreisen 
und sonst in den obern Sphären der Gesellschaft empfängt, in betreff 
der Kanzlerkrisis in Berlin folgende etwas blaß gefärbte Erklärung 
gegeben. 
„Die Königin Viktoria schrieb vor einiger Zeit direkt an den 
Fürsten von Bismarck, um ihm die Verhinderung des Krieges zwischen 
Rußland und der Pforte ans Herz zu legen. Die Antwort lautete 
ausweichend. Darauf ein zweiter Brief Ihrer britischen Majestät 
an den Reichskanzler, in dem jenes Verlangen dringender wiederholt 
wurde. Die Antwort drückte sich diesmal etwas bestimmter aus, 
war aber noch nicht nach dem Geschmack der Königin. Nun wandte 
sie sich an den Kaiser und machte ihn und Deutschland für den aus- 
brechenden Krieg verantwortlich. 
„Wir wissen nicht, wie viel Wahres an diesem Bericht ist, halten 
ihn aber für nicht unglaubwürdig und sind überdies der Ansicht, 
daß jene merkwürdige Zumutung, nach der wir unsern getreuen 
Nachbar in Rußland ohne irgend welchen in unsern Verhältnissen
	        
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