454 Vierundzwanzigstes Kapitel 17. Okt. 1877
Telegramme und instruierte seinen Sohn zu Erwiderungen, besprach
auch einiges mit Tiedemann, der, wie ich später erfuhr, als eine
Art zweiter Amanuensis, vorzüglich für Verwaltungssachen, bei ihm
war. Der Fürst sah recht wohl und frisch aus und schien auch gut
gestimmt zu sein. Auf meine Frage, wie ihm Gastein bekommen
sei, erwiderte er, bis jetzt recht zufrieden stellend, namentlich schlafe
er jetzt besser als vorher. „Es würde noch besser stehen — fuhr
er fort —, wenn nicht zwischen der Kur und hier mancherlei vor-
gekommen wäre. Wenn ich Gastein noch einmal brauche, so lasse
ich hinterher den König machen, was er will, und gehe direkt nach
Varzin, wo ich mich nicht zu ärgern habe über vorgefaßte Meinungen,
die festgehalten werden.“ Als wir aufstanden, bemerkte er, daß ich
im Frack war, lächelte und sagte: „Frack.“" Dann lud er mich
ein, ihm in den neuen Anbau zu folgen, wohin er seine Wohnung
verlegt hatte. Nachdem er mir diese Zimmer gezeigt hatte, fragte
ich, ob ihm die Friktionsartikel der Grenzboten zugegangen und ob
sie ihm recht gewesen seien. Er entgegnete: Ja, nur kamen sie zu
schnell nach einander, und in dem einen ließen Sie zu deutlich
merken, aus welcher Quelle Sie geschöpft haben. Ich bedauerte
das, entschuldigte es aber damit, daß Dietzes Erklärung in der
Magdeburgischen Zeitung die Wirkung beim Publikum erheblich ab-
geschwächt haben würde, wenn ich zu ihr geschwiegen hätte. Er
schien das einzusehen.
Nachmittags reiste Erckert nach Petersburg ab, und als er fort
war, fragte mich der Fürst: „Können Sie reiten, Herr Doktor?" —
„Ich falle nicht herunter, Durchlaucht, und bin im Morgenlande
wiederholt halbe Monate täglich acht bis zehn Stunden zu Pferde
gewesen — sagte ich —, aber ich fürchte, ich nehme mich dabei
nicht gut aus, und das möchte ich Sie doch nicht gern sehen lassen."
Er gab darauf Befehl, mich im Wagen durch einen Teil seiner
Besitzungen zu führen. Er selbst und Graf Herbert machten zu
gleicher Zeit einen Ritt nach einer andern Gegend, wobei der Fürst
einen weichen, grünlich-grauen Filzhut mit hohem Kopfteil und sehr
breitem Rand, eine graue, mit Pelz gefütterte Joppe, die ihn weniger
schlank erscheinen ließ, als er ist, und eine wattierte und durch-
steppte seidne Weste trug.
Der Kutscher fuhr mich durch Wald und abermals Wald nach