Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

Friedrichsruh Fünfundzwanzigstes Kapitel 515 
welcher Zeit auch die an der Kanzelseite angebrachten Epitaphien 
herrühren. Eins davon stellt den Landrat August von Bismarck 
dar, dessen Namen wir auf dem Wappen über der Hauptthür des 
von ihm wieder aufgebauten Herrenhauses begegneten. Ein andres, 
sehr groß und reich geschmückt, zeigt in ovalem Rahmen die l— 
bilder seiner Eltern, des kurbrandenburgischen Obersten August 
von Bismarck und dessen dritter Frau, Friederike Sophie, geborne 
von Möllendorf; er ist in seinen jungen Jahren Offizier unter 
Bernhard von Weimar gewesen und im Jahre 1670 gestorben. Nicht 
weit davon erinnert eine einfache Gedenktafel an die Mutter des 
Reichskanzlers, und schrägüber von diesem Memento hängt ein Ol- 
gemälde, das einen der letzten Pfarrer dieser Kirche darstellt. 
An der schmalen Westseite, dem Altar gegenüber, ist eine statt- 
liche Orgel, die vor kurzem durch freiwillige Beiträge der Orts- 
angehörigen — es kamen gegen tausend Thaler zusammen — wieder 
in guten Stand gesetzt worden ist. An der Brüstung vor ihr liest 
man die Namen der in den letzten Kriegen Preußens für das Vater- 
land gefallnen Schönhauser, unter denen wir auch einem Oheim 
des Fürsten begegnen, der als Husarenoffizier in der Schlacht bei 
Leipzig tödlich verwundet wurde. Unten in der Ecke rechts vom 
Eingange zu der verfallnen Treppe, die in den Turm hinaufführt, 
liegt, durch eine Thür mit großem Schlosse abgesperrt, die Familien- 
gruft der Bismarcks. Herr Kohnert erzählte mir hier: „Die Bauern 
von Schönhausen sahen sich genötigt, auf einen neuen Kirchhof 
Bedacht zu nehmen, und wählten dazu einen Platz, der die hohe 
Wurth heißt. Man schrieb an den Fürsten, um anzufragen, ob er 
dort ein Erbbegräbnis haben wolle. Er antwortete freundlich mit 
schönem Dank für die Berücksichtigung, die Stelle hätte ohne Zweifel 
ihre Vorzüge, sie wäre ihm aber zu windig.“ 
* * 
Von Schönhausen reiste ich über Stendal und Wittenberge nach 
dem dritten, größern Besitztume des Fürsten, dem mächtigen Komplexe 
von Forstgrundstücken im Lauenburgischen, der der Sachsenwald 
heißt, und der in dem Ortchen Friedrichsruh seinen Mittelpunkt 
hat. Auf Grund meines Empfehlungsbriefes fand ich beim Ober— 
33*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.