Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

516 Fünfundzwanzigstes Kapitel Friedrichsruh 
förster Lange gute Aufnahme und Führung durch die Wohnung 
des Kanzlers, den dabei gelegnen Ort und die nächsten Strecken 
des Waldes, sowie nach einigen vor kurzem dazu gekauften, am 
Saume des Waldes liegenden Landgütern. Indes war damals 
hier vieles noch im Werden begriffen. Das Schlößchen wurde um— 
gebaut und erweitert, der Park dahinter verschönert und der kleine 
Fluß an seiner Seite geschlämmt und reguliert, und so war mein 
Aufenthalt nur kurz, und meine Ausbeute an Beobachtungen blei— 
benden Wertes gering. Ich ziehe es darum vor, an dieser Stelle 
zunächst nur ein paar Worte über meinen Führer zu sagen, der ja 
auch zu den Leuten Bismarcks zählt, in dessen Gutsverwaltung hier 
eine hervorragende Stellung inne hat und häufig in der Presse 
genannt worden ist, dann aber eine charakteristische Anekdote zu 
erzählen und hierauf ein Bild von Friedrichsruh und dem dortigen 
Leben folgen zu lassen, zu dem ich das Material bei spätern Be— 
suchen des Fürsten sammelte, wo alles 1877 im Entstehen begriffne 
vollendet war. Oberförster Lange, von Geburt ein Rheinländer 
von der Mosel, kam um die Mitte der siebziger Jahre aus der 
Gegend von Zehdenik hierher, nachdem sein hiesiger Vorgänger durch 
die Eisenbahn verunglückt war. Bei meiner ersten Anwesenheit in 
Friedrichsruh ein mittlerer Vierziger, gilt er nicht nur als gründlich 
gebildeter und erfahrner Forstmann, sondern auch als Berichterstatter 
und Ratgeber des Fürsten in andern wirtschaftlichen Angelegenheiten. 
Die wildreichen Wälder von Zehdenik haben aus ihm einen Freund 
des Weidwerks gemacht, dessen Passion hier seltner als ehedem be— 
friedigt wird. Daß zu seinen Kenntnissen auch ein Vorrat von 
Jägerlatein gehört, ist natürlich und thut, mäßig gebraucht, der 
Liebenswürdigkeit des stattlichen Mannes nicht nur keinen Abbruch, 
sondern erhöht sie nicht wenig. 
Die Anekdote wird hier eingefügt, weil wir einmal in der 
Nachbarschaft des Ortes sind, wo sie passierte, weil wir ferner 
zwar bald wieder dort sein, aber nicht so bald wieder Zeit und 
Raum für sie haben könnten, endlich weil sie uns kurz nach dem 
Ausfluge nach Friedrichsruh in Berlin mitgeteilt wurde. Der Er— 
zähler war Lothar Bucher, der sie auch in der Newyorker Tribüne 
veröffentlicht hat. 
Als Bismarck sich im Vereinigten Landtage, dann im preußischen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.