Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

524 Fünfundzwanzigstes Kapitel Friedrichsruh 
teil niemals ausgeführt worden, der Wald ist vielmehr immer unge- 
schmälert beim Herzogtum Lauenburg verblieben und mit diesem als 
Domäne erst an Hannover, 1 dann an die Königherzöge in Kopen- 
hagen, schließlich aber an Preußen und in den Besitz des Reichs- 
kanzlers gelangt. Er besteht aus sehr verschiednen Baumarten, 
Nadel= und Laubholz, Buchen, von denen er mehrere sehr schöne 
Bestände mit Stämmen wie Tempelsäulen aufzuweisen hat, Eichen, 
Eschen, Birken, Kiefern und Fichten, auch kommen einige Torfmoore 
vor, und ein an der Straße nach Dassendorf gelegner Teil ist in 
ein Gehege verwandelt, worin Edelwild und Sauen sind In andern 
Teilen ist die Jagd verpachtet. 
Was den Ertrag des Waldes an Holz betrifft, so wechselt 
dieser mit dem Preise des Holzes, das übrigens nicht bloß als 
Brennmaterial verkauft oder sonstwie auf dem Markte verwertet 
wird, sondern auch teils in der Pulverfabrik, die ein Württemberger 
am Elbufer des hiesigen fürstlichen Landbesitzes errichtet hat, teils 
in der Dampfsägemühle zur Verarbeitung kommt. Im Jahre 1877 
äußerte Oberförster Lange, der mit sieben Förstern die Verwaltung 
und Pflege des Sachsenwaldes besorgt, wenn sich die damals sehr 
niedrigen Preise besserten, getraue er sich jährlich für mehr als 
dreihunderttausend Mark Holz zu schlagen. In jedem der letzten 
zwölf Jahre vor 1891 aber soll er ungefähr für ebensoviel Thaler 
Holz gewonnen haben. Die beiden Flüsse der Gegend von Friedrichsruh 
liefern gute Fische, die Bille hat auch Forellen. Feld= und Vieh- 
wirtschaft wird hier nur auf den kleinen Gütern Siek und Schönau 
betrieben, die überm Saume des Waldes jenseits der Bille liegen 
und in den siebziger Jahren samt etlichen Bauernstellen vom Fürsten 
dazugekauft worden sind. 
Wir betreten nun durch eine kleine Pforte in der roten Um- 
fassungsmauer an der Eisenbahn den Vorraum des Hauses, worin 
der Kanzler in den letzten Sommern vor 1890 seinen Urlaub ver- 
brachte. An der Pforte steht ein freundlicher Herr in Zivilanzug — 
einer von den Schutzleuten, die von Berlin abgeschickt sind, um 
  
1 nach dem Aussterben der Herzöge von Sachsen-Lauenburg 1697. 
2 1814 als Entschädigung für Norwegen. Mit Schleswig-Holstein hatte 
Lauenburg staatsrechtlich gar nichts zu thun.
	        
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