Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

Juli—Okt. 1878 Sechsundzwanzigstes Kapitel 531 
schreiben aus der Reichskanzlei begründen lassen; sie betrafen meisten- 
teils Außerungen des Fürsten über Persönlichkeiten, die noch am 
Leben waren und nicht verletzt werden sollten. Hin und wieder 
hatte der fürstliche „Mitverfasser“ auch kurze Zusätze zu meinem 
Texte gemacht. Daß alle diese Anderungen gewissenhaft beachtet 
und von der Druckerei genau ausgeführt wurden, bedarf wohl kaum 
besondrer Hervorhebung. 
So weit schien alles im rechten Gange zu sein. Bis zur 
Heimkehr nach Varzin hatte der Fürst augenscheinlich keine andern 
Bedenken gegen mein Unternehmen gehabt als die, die er in seinen 
Streichungen und Randbemerkungen, sowie in den erwähnten Be- 
gleitbriefen (seines Sekretärs Sachsse) ausgedrückt hatte, und die 
als von mir und der Druckerei beseitigt angesehen werden mußten. 
Jetzt muß ihm nachträglich noch einiges anstößig vorgekommen sein. 
Am 27. September erhielt ich nachstehendes Schreiben: 
„Varzin, 26. September. 
Sehr geehrter Herr Doktor, 
Beigehend erlaube ich mir Ihnen den Korrekturbogen mit den 
Veränderungen, die er hier erhalten, zu übersenden. Mein Vater 
möchte über das ganze Werk und seinen Inhalt, ehe Sie es er- 
scheinen lassen, gern noch mit Ihnen sprechen, da er glaubt, daß 
Sie nach einer mündlichen Unterredung mit ihm vielleicht noch 
einige kleine Kürzungen vornehmen würden. Vielleicht ist es Ihnen 
möglich, Anfang nächsten Monats nach Berlin zu kommen, wo 
mein Vater sich sehr freuen würde, Sie zu sehen; ich möchte in 
diesem Falle nur um eine vorherige kurze Anmeldung an meine 
oder Baron Holsteins Adresse bitten. Vom Sonntag an sind wir 
in Berlin. 
Mit vorzüglichster Hochachtung 
Ihr ergebenster 
Graf Herbert Bismarck.“ 
Damals bereits wieder nach Berlin verzogen, stellte ich mich 
am 4. Oktober beim Fürsten in seinem neuen Palais, Wilhelm- 
straße 77, ein, wo ich in seinem nach dem Garten hinausgelegnen 
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