Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

4. Okt. 1878 Sechsundzwanzigstes Kapitel 533 
Beispiel, daß mein armer Vater faule Austern gegessen hat,“ sagte 
er. „Und hier, wie Lehndorff die Geschichte von der Fürstin 
Pleß und dem Kronprinzen erzählt. Sie ist ja wahr, aber 
was soll Lehndorff denken, wenn er liest, daß das, was er an 
meinem Tische gesagt hat, von jemand in die Offentlichkeit gebracht 
worden ist?“ 
Ich entgegnete, daß ich nicht gewußt habe, jener habe 
die Fürstin Pleß gemeint, auch sei sie von mir nicht genannt 
worden. 
Er erwiderte: „Aber aus dem Vorhergehenden würde man das 
geschlossen haben. — Und hier das, wo ich mich anspitze, um die 
langweilige Gesellschaft kurzweilig zu finden. Da machen die Ger- 
mania und die sozialistischen Blätter einen Trunkenbold aus mir. 
Und da, die Geschichte mit Rechberg. Was sollte der sagen? Überdies 
war die Sache ganz anders, als Sie es in den ersten acht oder 
zehn Zeilen erzählen. Nicht er hatte provoziert, sondern ich, und 
er wars, der zuerst vom Fordern sprach.““) 
Der Fürst kam dann auf etwas andres, was ihm in den 
Bogen unpassend erschien, zu reden, z. B. auf eine Stelle im zweiten 
Bande, Seite 262, zu der er bemerkte: „Om, ich habe das gesagt, 
ich weiß es. Aber jedermann muß sehen, daß es auf den König 
geht. Und Augusta liest das Buch — aufmerksam — und streicht 
es ihm an und macht Bemerkungen dazu. Ich weiß ja, daß ich 
mit ihm in Versailles wochenlang einen harten Stand hatte. Ich 
wollte gehen; denn es war mit ihm nichts anzufangen. Auch jetzt 
habe ich mit ihm oft meine Not. Da schreibt man eine Note oder 
Depesche, auf die viel ankommt. Man feilt sie und schreibt sie um, 
sechs oder sieben mal, und wenn er sie dann zu sehen kriegt, kor- 
rigiert er Dinge hinein, die das Gegenteil von dem sind, was 
man sagen und erreichen will. Der Kronprinz ist ganz anders." 
Er sprach sich nun auf mein Befragen günstig über den Kron- 
prinzen aus, desgleichen über dessen Gemahlin. Als ich von dieser 
die Rede auf den Herzog von Koburg brachte, bemerkte der Chef: 
„Ich habe Ihnen auch hier einiges streichen müssen, weil das sehr 
übel genommen worden wäre, da er der liebe Onkel ist.“ Er 
  
*) Ist im Obigen Band 1, 231 jetzt nach diesen Außerungen berichtigt.
	        
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