Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

556 Sechsundzwanzigstes Kapitel Mai 1879 
und sein Gefolge vom 6. Oktober 1870 bis zum 5. März 1871 
bewohnten, sich ohne Verzug aufgeschrieben hat.“ Ich zeigte sie 
dem Fürsten, und indem er sie durchlas, bezeichnete er sie durch— 
gängig als Fabeln großenteils sehr abgeschmackter Sorte. Er be— 
merkte zum Schlusse: „Und die Uhr hier. Je ne veux — je ne 
cède pas. Sie ließ mir vielmehr sagen, wenn ich ihr den Schaden 
an ihrem Hause und ihrer Wirtschaft ersetzen wollte, mit fünftausend 
Franken, so wollte sie mir die Pendule überlassen.“ 
Ich berichtete ihm nun, daß das Buch von Derosne, Haupt- 
mann im Generalstabe zu Paris, übersetzt worden, daß dessen Über— 
tragung sich im ganzen gut lese, und daß der übersetzer nach seinen 
Briefen ein eifriger Bonapartist sei und die Republik mit der Pest 
und der Cholera in eine Linie stelle. Dann erwähnte ich, wie ich 
ihm schon geschrieben hatte, daß Derosne auch die „Briefe an 
Malwine“! zu übersetzen vorhabe, und daß ich ihm eine Einleitung 
dazu und erläuternde Anmerkungen versprochen habe, falls er, der 
Chef, dazu seine Erlaubnis gebe. Er sagte: „Ja, gern.“ Ich er- 
widerte: „Ich hoffte so; denn man sieht, wenn die Franzosen Eure 
Durchlaucht auch nicht lieben, so interessieren sie sich doch für Sie, 
und zwar sehr. Die Übersetzung, die am 8. ausgegeben worden ist, 
ist in fünf oder sechs Tagen vergriffen gewesen, obwohl die Auflage 
dreitausend Exemplare stark war und vor ihr eine Art ausführlichen 
Auszugs, angeblich in zehntausend Abdrücken, herging, der sich eben- 
falls schnell verkauft haben soll. Dentu druckt nun jetzt, das Buch 
ist übrigens schon sechsmal übersetzt worden, in England und Amerika, 
ins Holländische, ins Russische, auch von einer schwedischen lbersetzung 
war die Rede. Holländisch klingt es uns stellenweise sehr komisch. 
„Das glaube ich,“ sagte er. „Haben Sie einmal ein hollän- 
disches Drama gelesen?“ 
„Nein — erwiderte ich —, aber Stellen aus der holländischen 
Bibel.“ 
„Ja, das klingt wunderlich für unser Ohr,“ versetzte er. „Aber 
man darf es ihnen nicht sagen. Das nehmen sie sehr übel.“ 
Er fragte nun: „Na, aber was sagen Sie zu den letzten Ver- 
handlungen im Reichstage, zu dem Gange der Zollreform?“ 
  
1 Bismarcks Schwester, Frau von Arnim.
	        
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