568 Sechsundzwanzigstes Kapitel 9. März 1880
sein. Er hatte seinen Nachfolger schon kommen lassen, hielt es aber
für eine Ehre, das Bündnis selbst abzuschließen. Und ich konnte
doch auch nicht ewig in Wien bleiben. Wenn es aber jetzt nicht
gemacht worden wäre, unter ihm, so wäre gar nichts daraus ge—
worden; denn die andern hatten kein Herz dafür. Und dann hätten
sich die Russen doch noch mit ihnen verständigen können gegen uns.
Der allergnädigste Herr aber wollte das nicht einsehen. 1 Auch in
Berlin sträubte er sich noch. Endlich schien er zu wollen. Ich
bat um einen Urlaub und erhielt ihn in besonders amtlichem Tone.
Kaum wollte ich aber den Rücken drehen, so erließ er sofort aller-
hand entgegengesetzte Befehle, und ich mußte Stolberg zu ihm
schicken, daß er ihn wieder umkehrte. Der hat sich sehr gut be-
nommen und gar nicht servil. So ist die Sache denn zu stande
gekommen, und ich denke, sie wird halten. Sie müssen jetzt wohl,
die Osterreicher, und der Kaiser Franz Joseph ist im ganzen ehrlich
und zuverlässig."
„So hat er (ich meinte unsern Kaiser) zuletzt doch unter-
schrieben?" fragte ich. „Ich dachte bis heute trotz der Presse, er
hätte es nicht gethan.“
„Ja, er hat unterschrieben,“ erwiderte er.
„Und es ist ein förmliches Bündnis? — erkundigte ich mich
weiter —, kein bloßes Protokoll, wie es hieß ?“2
„Dat kann ik Se nich seggen,“ versetzte er lächelnd. 3
„Nun ich halte mich daran, daß Durchlaucht es vorhin mehr-
mals ein Bündnis genannt haben.“
„Ja,“ antwortete er. „Aber das darf nicht geschrieben werden.
Sie wollen das nicht wissen lassen. Mir wars einerlei. Ich wollte
sogar ein öffentliches Bündnis.“
Er schwieg ein paar Sekunden und sprach dann vom Wetter.
„Ein sehr schöner Tag, heute hatten wir die Nacht drei Grad
Kälte, und jetzt haben wir wohl fünfzehn Grad Wärme. Können
Sie das Thermometer dort sehen? Wie viel ist es?“
„Neunzehn Grad."“
1 G. u. E. II, 247 f.
* Vgl. die Ergänzungen im Anhang von Band III.
* G. u. E. II, 251 ff.