Full text: Tagebuchblätter. Zweiter Band. (2)

594 Sechsundzwanzigstes Kapitel 11. Mai 1880 
Wir sprachen dann von dem unternehmenden Thorndike Rice, 
einem Amerikaner, dem Herausgeber der Newyorker Monatsschrift 
Northamerican Review, indem ich fragte, ob er die Blowitzsche 
Erzählung von dem angeblichen Besuche und Anliegen Rices gelesen 
hätte. Dieser hatte mir einige Wochen vorher mehrmals Besuche 
gemacht und zunächst einen Artikel zur Charakteristik Bismarcks be— 
stellt, dann aber mit der Einleitung: „Sie dürfen mirs nicht übel 
nehmen, aber wir Yankees sind dreist, wenn wir was im Auge 
haben,“ gefragt, ob ich ihm nicht einen Aufsatz von Bismarck selbst 
für sein Blatt verschaffen könnte. Er sei gern bereit, mir fünf— 
hundert Pfund Sterling, die Hälfte im voraus, zu zahlen, wenn 
ich das ermöglichte. Ich erklärte das für utterly impossible, selbst 
wenn er mir tausend Pfund geben wollte, und setzte ihm die Gründe 
aus einander. Er meinte dann, ich könnte ja den Artikel machen 
und der Fürst nur seinen Namen dazu setzen. Natürlich lehnte ich 
das ebenfalls ab. Er erklärte sich dann damit zufrieden, daß ich 
ihm den erstgenannten Aufsatz zu schreiben und nach Paris nach- 
zuschicken versprach, und daß ich ihm weitere Beiträge für künftige 
Hefte zusagte. Den Bismarckartikel erhielt er nach Verlauf von drei 
Wochen, und er erschien in der erwähnten Revue in den Monaten 
Juli und August unter dem Titel: Prince Bismarck as a Friend 
of America and as a Statesman. By Moritz Busch. Ich bekam 
dafür pro Bogen das für deutsche Begriffe ungeheure Honorar von 
fünfhundert Mark und hatte nebenbei die Ehre, neben Gladstone als 
Mitarbeiter der amerikanischen Revue des Deux Mondes zu figu- 
rieren. Nach einem Blowitzschen Bericht in der Times war Rice 
nach seinem letzten Besuche bei mir im Palais des Chefs erschienen, 
um sich dessen Mitarbeiterschaft zu erbitten, war aber selbstverständlich 
auch hier abschlägig beschieden worden. 
„Die Geschichte ist richtig,“ versetzte er. „Er hat aber nur mit 
meinem Sohn gesprochen, durch den ich ihm sagen ließ, daß ich zu 
sehr von Geschäften in Anspruch genommen wäre, um meinen starken 
journalistischen Neigungen nachleben und das viele Geld, das er mir 
anböte, verdienen zu können."“ 
Ich erzählte ihm nun meine Unterhaltung mit Mr. Rice und 
fragte darauf nochmals wegen Gastein. Nein, erwiderte er, da ginge 
er diesen Sommer nicht hin, er müsse sich erholen, wolle einsam
	        
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