11. Mai 1880 Sechsundzwanzigstes Kapitel 595
sein, fern von Menschen. Dann kam er darauf, daß seine Wirt—
schaft ihm viel Geld koste. Ein Nachfolger könne nicht auskommen,
wenn man ihm nicht auch mit Dotationen unter die Arme griffe,
denn sein Gehalt als Reichskanzler genüge nicht.
Ich bemerkte, ich wäre immer der Ansicht gewesen, er habe
bloß als preußischer Minister Gehalt.
„Umgekehrt — sagte er —, ich bekomme als Reichskanzler acht-
zehntausend Thaler, als Ministerpräsident und Minister des Aus-
wärtigen nichts, und ich brauche jetzt jährlich sechzigtausend Thaler.
Ich gebe allein in diesem Hause zweitausend mehr für Beleuchtung
aus. Es ist unpraktisch gebaut, voll lauter dunkler Gänge und
Hintertreppen, und nur die Diensträume unten habe ich nicht selbst
zu beleuchten. Die Mietsteuer haben sie mir auch erhöht, die Wohnung
ist zu fünftausend Thalern veranschlagt, was ich unbillig finde, ob-
wohl sie besser ist als die drüben, deren Dürftigkeit Sie ja kennen."
Ich erwiderte darauf noch einiges, worauf wir uns erhoben.
Sein Hund, der anfangs mißwollende Absichten auf meinen Rock
oder meine Gurgel verraten, sich aber auf ein „Leg dich!“ seines
Herrn beruhigt hatte und in den Raum unter der Platte des Schreib-
tisches gekrochen war, wo er mir die Schnauze zwischen die Kniee
legte, stand gleichfalls auf. Er befahl ihm, auf das Sofa zu springen,
von wo er mit einem Holzscheit zurückkam. Der Fürst nahm es
und warf es in eine Nische neben einem der beiden Fenster, wohin
das Tier nachsprang. Es soll ein tückisches Tier sein, das schon
mehreren im Hause wohlbekannten Leuten, z. B. Kanzleidienern, die
Kleider zerrissen oder sie blutig gebissen und sich dadurch Prügel
mit der auf dem Tische liegenden schweren Lederkarbatsche zugezogen
haben soll, ohne daß es in sich gegangen wäre und sich auf höf-
lichere Manieren besonnen hätte. Mir schien es gewogen, und ich
hatte mich auch später seines Wohlwollens zu rühmen.
Druck von Carl Marquart in Leipzig