74 Siebzehntes Kapitel 24. Januar
der Hoffnung überläßt, nun wäre es endlich abgemacht, kommt einer
mit einem Gedanken, den er schon vorher vorgebracht hat, und der
widerlegt ist, und man ist wieder, wo man zu Anfang war, und
was nicht geht. Na, mir ists recht, sogar lieber, wenn es noch
nicht entschieden oder wenn es erst morgen entschieden wird. ist
nur der Zeitverlust, wenn man dabei zuhören muß, an den solche
Leute freilich nicht denken.“
Er bemerkte dann, daß er Favre jetzt wieder erwarte, und daß
er ihm geraten habe, schon um drei Uhr wegzufahren (er will nämlich
nach Paris zurück), „wegen der Soldaten, die ihn in der Dunkelheit
anrufen werden, und denen er nicht antworten kann.“
Halb zwei Uhr stellte sich Favre wieder beim Bundeskanzler
ein, um mit ihm nahezu zwei Stunden zu verhandeln, worauf er,
von Bismarck-Bohlen bis an die Sevres-Brücke begleitet, wieder
heimfuhr.
Bei Tische, wo wir u. a. Hummer mit Mayonneise hatten,
war von dieser Verhandlung nicht die Rede. Doch scheint sich von
selbst zu verstehen, daß es sich bei ihr um die Einleitung der Kapi-
tulation gehandelt haben wird. Der Chef sprach zunächst von Bern-
storff und sagte: „Dahin hab ichs doch noch nicht gebracht, mit
behäbiger Breite Seiten und Bogen über die unbedeutendsten Dinge
vollzuschreiben. Solch ein Haufen (zeigt es mit der Hand) ist heute
wieder angekommen. — Und dabei immer die Rückbeziehungen: wie
ich in meiner Depesche vom 3. Januar 1863 Nummer so und so
viel zu berichten die Ehre hatte, oder: wie ich in meinem Tele-
gramm Nummer 1666 gehorsamst meldete. Ich schicke es dann dem
Könige, und der will wissen, was er meint, und schreibt immer mit
Bleistift an den Rand: „Kenne ich nicht. — Es ist schrecklich!“
Jemand wollte wissen, nur Goltz hätte ebensoviel geschrieben.
Chef: „Ja, und dazu manchmal noch sechs, acht Bogen lange,
ganz eng geschriebne Privatbriefe an mich. Er muß erschrecklich viel
Zeit gehabt haben. Zum Glück erzürnte ich mich mit ihm, und da
hörte der Segen auf.“
Einer von der Tafelrunde bemerkte, was der sagen würde,
wenn er jetzt erführe, daß der Kaiser gefangen, die Kaiserin in
London und Paris von uns belagert und bombardiert worden wäre.
„Na — erwiderte der Chef —, der Kaiser läge ihm wohl