124 II. Abschnitt. Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate. S 22.
Das in dem § 22 Ziff. 1 des Gesetzes erwähnte Zeugnis der Ersatzkommission
ist nur dann beizubringen, wenn der die Entlassung aus der Staatsangehörig-
keit Nachsuchende bei Einreichung seines Gesuches bereits das 17. Lebens-
jahr vollendet hat; es ist jedoch nicht zu fordern, wenn der Gesuchsteller zwar
bei Einreichung des Gesuches das 17. Lebensjahr noch nicht erreicht, dasselbe
aber im Augenblicke der Entscheidung über das Gesuch bereits vollendet hat.
Das Reichsamt des Innern hat in einem an die kgl. sächsische Regierung
gerichteten Schreiben vom 20. Jan. 1883 (s. Reger, Entscheidungen der Gerichte
und Verwaltungsbehörden III S. 424 ff. und preuß. Ml. 1883 S. 140) diese
Frage eingehend erörtert und sich dahin ausgesprochen:
„daß für die Beurteilung und Entscheidung von Anträgen auf Ent-
lassung aus der Staatsangehörigkeit in den Fällen des § 15 Abs. 2 Ziff. 1
(des Gesetzes vom 1. Juni 1870, jetzt § 22 Ziff. 1 d. G.) derjenige Zeitpunkt
als maßgebend zu erachten sei, an welchem das entscheidungsreife, mit
allen sonst erforderlichen Belegen (Einwilligung des Vaters bzw. Vormunds)
versehene Entlassungsgesuch bei der zur Ausfertigung der Entlassungsurkunde
zuständigen höheren Verwaltungsbehörde (§ 23 d. G.) eingegangen ist.“"
Nach § 27 Ziff. 3 der Wehr O. vom 22. Nov. 1888 findet die Bestim-
mung unter § 22 Ziff. 1 d. G., sofern Familienväter für sich und ihre Familien
die Entlassung nachsuchen, auf Söhne, welche das 17. Lebensjahr vollendet
haben, dergestalt Anwendung, daß, wenn auch den Familienvätern die Ent-
lassung gestattet werden muß, den Söhnen derselben die Entlassung so lange
zu versagen ist, als das nach dem Gesetze erforderliche Zeugnis der Ersatz=
kommission nicht beigebracht ist.
Dagegen bedürfen dieses Zeugnisses nicht: Personen, welche für Ganz-
invalide, also dauernd untauglich erklärt worden sind (vgl. Anl. 1 D und E zu
§9 der Wehrordnung vom 22. Nov. 1888).
4. Zeugnis.
Nach § 27 Ziff. 2 der Wehr O. vom 22. Nov. 1888 haben die Ersatz-
kommissionen
„pflichtmäßig zu erwägen, ob der Nachsuchung der Auswanderungserlaubnis
nicht bloß") die Absicht zum Grunde liegt, sich der Dienstpflicht im Heere
oder in der Marine zu entziehen.
Trifft diese Voraussetzung zu, so ist das vorerwähnte Zeugnis zu ver-
weigern. . «
Die desfallsigen Entscheidungen der ständigen Mitglieder der Ersatz-
kommissionen sind als endgültig zu betrachten.
Bei Meinungsverschiedenheit der beiden ständigen Mitglieder der
Ersatzkommission ist die Entscheidung der Oberersatzkommission einzuholen.
Bis zum Eingang dieser Entscheidung ist von der Erteilung der Auswande-
rungserlaubnis Abstand zu nehmen.“
Die Zeugnisse der Ersatzkommissionen unterliegen bezüglich ihrer
sachlichen Begründung nach einem Endurteil des I. Senats des preuß. Ober-
*) Vgl. Anm. 6 zu diesem Paragraphen.
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