Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

  
98 Die Organisation des Staates. Die Staatsbehörden. 8 41 
los gewordene, teils inhaltlich ersetzte Art. 16 des AG. zur ZPO. wird durch Art. 142 aus- 
drücklich aufgehoben 1). Endlich wird der Art. 18 des AG. zur 8BPO. —wenn wir der Begründung 
des Gesetzes folgen — durch seine Nichtaufnahme in Art. 104 VR. stillschweigend „nicht für 
anwendbar“ erklärt 2). 
II. Die Grundsätze des geltenden Rechts sind nach den vorbezeichneten gesetzlichen Vor- 
schriften folgende: 1 
1. Für den Fall des positiven (affirmativen) Kompetenzkonflikts: 
a) Eine Verwaltungsbehörde oder ein Verwaltungsgericht kann in einer bei Gericht 
anhängigen Zivilrechtsstreitigkeit oder Strafsache die Zulässigkeit des Rechtswegs nur unter 
der Voraussetzung bestreiten und die Zuständigkeit nur unter der Voraussetzung für sich selbst 
in Anspruch nehmen, daß kein rechtskräftiges, die Zulässigkeit des Rechtswegs bejahendes 
Gerichtsurteil vorliegt (Art. 13 AG. z. Z PO). 
b) kein mit dem Rechtsmittel der Revision bei dem Reichsgericht anfechtbares Gerichts- 
urteil vorliegt (Art. 105 VR0). 
Wird in einer bei Gericht anhängigen bürgerlichen Rechtsstreitigkeit die Zulässigkeit 
des Rechtswegs unter der Behauptung bestritten, daß die Angelegenheit bereits bei einer 
Verwaltungsbehörde oder bei einem Verwaltungsgericht anhängig oder daß hierüber von einer 
solchen Behörde oder von einem solchen Gerichte bereits eine Entscheidung ergangen sei, so hat 
das Gericht der betreffenden Verwaltungsbehörde oder dem betreffenden Verwaltungsgericht 
von jenem Vorbringen im Wege der Mitteilung Kenntnis zu geben (Art. 19 AG. z. ZPO.). 
c) Ist die Erhebung des positiven Kompetenzkonfliktes nach vorstehenden Grundsätzen 
formell zulässig, so hat die Verwaltungsbehörde oder das Verwaltungsgericht dem Gerichte 
„im Wege der Mitteilung von diesem Anspruche Kenntnis zu geben“. Eine solche Mitteilung 
gilt als Antrag auf Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs (Art. 13 AG. z. ZPO.). Wurde 
in dieser Mitteilung die sofortige Einstellung des Verfahrens beantragt, so hat das Gericht 
die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen, wodurch aber der Erlaß notwendiger einstweiliger 
Verfügungen nicht ausgeschlossen wird. Wurde der Einstellungsantrag in der fraglichen Mit- 
teilung nicht gestellt, so nimmt das gerichtliche Verfahren seinen Fortgang, bis jener Antrag 
erfolgt. Der Aussetzungsbeschluß ist den Parteien von Amts wegen zuzustellen. Beschwerde 
gegen diesen Beschluß ist nicht möglich (Art. 14 AG. z. Z PO.). 
d) Sobald die Einstellung des Verfahrens beantragt und dessen Aussetzung angeordnet 
ist, sendet das Gericht die Akten unter Beifügung seines Gutachtens an das Justizministerium. 
Dieses schickt die Akten der beteiligten obersten Verwaltungsbehörde zur Entschließung darüber, 
ob der Konflikt auszutragen sei. Ist die letztere der Ansicht, daß dies nicht zu geschehen habe, 
so nimmt sie den unter Ziff. 2 erwähnten Antrag durch eine an das Justizministerium ge- 
richtete Erklärung zurück. Dieses sendet die genannte Erklärung samt Akten an das mit der Sache 
befaßte Gericht zurück und veranlaßt den Fortgang des gerichtlichen Verfahrens. Entscheidet 
sich die beteiligte oberste Verwaltungsbehörde jedoch für die Austragung des Konflikts, so“ 
hat das Justizministerium, nachdem es von diesem Verlangen durch eine ausdrückliche Er- 
klärung in Kenntnis gesetzt worden ist, die Akten nebst dieser Erklärung dem Verwaltungs- 
gerichtshof zur Entscheidung über den Konflikt vorzulegen. Sollte die oberste Justizverwaltungs- 
behörde allein bei dem Konflikt beteiligt sein, so legt sie die Akten ohne weiteres dem Ver- 
waltungsgerichtshof vor (Art. 15 AG. z. Z PO.). 
e) Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs kann nur entweder dahin gehen, daß 
er den Rechtsweg für zulässig erklärt oder dahin, daß er ihn für unzulässig erklärt. Durch 
die erstere Entscheidung wird die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und Verwaltungs- 
gerichte, soweit sie nicht auf Reichsrecht beruht, kraft Gesetzes ausgeschlossen. Damit 
wird den Gerichten zufolge § 13 GWG. gleichzeitig die Möglichkeit genommen, hinterher ihrer- 
1) Siehe Entwurf 1910, Begr. z. Art. 144 (jetzt 142) S. 113, und z. Art. 111 (jetzt 109) 
S. 98; Best S. 75 u. 51. 
2) Siehe Entwurf 1910, Begr. zu Art. 106 (jetzt 104), letzter Absatz S. 94 und zu Art. 109 
(jetzt 107) Schlußsatz;z Best S. 47 u. 49.
	        
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