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seits wieder den Rechtsweg mit der Begründung für unzulässig erklären, weil die Zuständig-
keit der Verwaltungsbehörden oder der Verwaltungsgerichte gegeben sei; es müßte denn sein,
daß diese Zuständigkeit auf Reichsrecht gestützt wird 1) (Art. 107 Abs. I VRG.). Nachdem
der Verwaltungsgerichtshof den erhobenen Kompetenzanspruch für unzulässig oder unbe-
gründet erklärt hat, hat nunmehr das Gericht, bei welchem die Sache anhängig war, auf Vor-
lage der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs den Aussetzungsbeschluß aufzuheben und
den Aufhebungsbeschluß den Parteien von Amts wegen zuzustellen (Art. 17 AG. z. ZO.).
Erklärt der Verwaltungsgerichtshof den Rechtsweg für unzulässig, so hat er zugleich
-estzustellen, welche Verwaltungsbehörde oder welches Verwaltungsgericht in der Sache zu
entscheiden hat. Die in der Entscheidung bezeichnete Behörde ist nunmehr, soweit nicht ihre
Zuständigkeit reichsgesetzlich ausgeschlossen ist, kraft Gesetzes in der Sache zuständig;
damit ist nicht nur ein weiteres gerichtliches Verfahren ausgeschlossen, sondern es ist zugleich
auch ein nachträglicher Kompetenzkonflikt zwischen Verwaltungsbehörden und Verwaltungs-
gerichten unmöglich gemacht 2). Die zuständige Behörde hat auch über die bei dem Prozeß-
gericht entstandenen Kosten zu entscheiden (Art. 107 Abs. II VR.).
2. Für den Fall des negativen Kompetenzkonflikts:
Haben in einer Sache sowohl die Gerichte als auch die Verwaltungsbehörden oder die Ver-
waltungsgerichte sich durch unanfechtbare Entscheidung für unzuständig erklärt, so gilt folgendes:
à) Sofern das Reichsgericht die Unzulässigkeit des Rechtswegs ausgesprochen hat, kann
eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs nicht herbeigeführt werden (Art. 106 VR.
mit Art. 20 AG. z. ZPO.). Ebenso ist es in diesem Falle unstatthaft, daß die Verwaltungs-
behörden oder Verwaltungsgerichte sich deshalb für unzuständig erklären, weil sie ihrerseits
den Rechtsweg für zulässig erachten.
Hatten sich jedoch die Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichte schon vor jener
Erklärung des Reichsgerichts aus dem vorgenannten Grunde endgültig für unzuständig erklärt,
so hat auf Antrag einer bei der Sache beteiligten Partei diejenige Instanz, von welcher die
Unzuständigkeit endgültig ausgesprochen worden ist, die frühere Entscheidung aufzuheben
und unter Berücksichtigung des vorgenannten Verbotes anderweitige Entscheidung zu treffen.
Zum letzteren Zweck kann die Sache an eine Vorinstanz zurückverwiesen werden (Art. 108 VRG)).
b) In allen sonstigen Fällen eines negativen Kompetenzkonflikts steht jeder der Parteien das
Recht zu, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs anzurufen (Art. 20 Abs. IA. z. ZPO.).
Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgerichtshof einzureichen, der sodann den beteiligten
obersten Verwaltungsbehörden Gelegenheit zur gutachtlichen Außerung zu geben hat (Art. 20
Abs. II AG. z. ZPO.) ).
H. Die Staatsbeamten.
842. Begriff und Arten des Beamtenverhältnisses. 1. Das hessische Beamten-
recht entbehrt bisher einer einheitlichen Kodifikation. Die zurzeit geltenden Bestimmungen
sind in einer Reihe von Einzelgesetzen enthalten, die, zu verschiedenen Zeiten aus den ver-
schiedensten Anschauungen heraus erwachsen, zum Teil gänzlich veraltet sind. Die eigentliche
Grundlage der Regelung der Dienstverhältnisse der Staatsbeamten bilden, vorbehaltlich zahl-
reicher späterer Ergänzungen und Anderungen, zurzeit noch s) das sog. Staatsdieneredikt
(„Edikt über die öffentlichen Dienstverhältnisse der Zivil-Staats-Beamten") vom 12. April
1820 (RBl. S. 189) 6) und das dieses ergänzende Gesetz vom 9. März 1824 (RBl. S. 175)
1) Bgl. Gesetzentwurf 1910, Begr. zu Art. 109 (ietzt 107); Best S. 49.
2) Siehe Motive a. a. O
3) Bgl. Entwurf 1910, Begr. zu Art. 110 (jetzt 108); Best S. 50 f.
4) Bal. Entwurf 1910, Begr. zu Art. 110 (jetzt 108) und zu Art. 111 (ient 109).
5) Bgl. aber L V. II 1905/06, Gesetzentwurf, die Dienstverhältnisse der Staatsbeamten
betr., Drucks. Nr. 207, Begründung S. 25 ff.
6) Dieses Edikt fand auch auf die Militärbeamten, dagegen nicht auf die „wirklichen Offiziers“
Anwendung; f. sog. Militärdienstpragmatik („Edikt die öffentlichen Dienst-Verhältnisse der Staats-
e vom Militär-Stand so wie der wirklichen Offiziers betreffend“) vom 25. IV. 1820 (RBl.
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