Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

g 45 Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzungen. 105 
ob — wie es in der Regel bei der Verletzung bloß reglementärer, interner Pflichten der Fall 
sein wird — nur eine Pflichtverletzung gegenüber dem Staate vorliegt 1). 
Besondere Grundsätze gelten nach Reichsrecht bezüglich der Haftung der Grundbuch- 
beamten,; direkte Klage des Geschädigten gegen den schuldigen Beamten ist hier nicht zulässig?). 
Im übrigen ist, vorbehaltlich der vorerwähnten Vorschriften über die Vorentscheidung, 
zur Entscheidung der Schadenersatzklage gegen Beamte oder gegen den Staat das Landgericht 
zuständig 3). 
b) Ersatzpflicht gegenüber dem Staate. Eine solche kann entstehen 
entweder a) als unmittelbare Schadensersatzpflicht, wenn der Beamte den Staat (Fiskus) 
unmittelbar finanziell geschädigt hat, oder 5) als Regreßpflicht. 
ad u) Wenn der Beamte durch eine pflichtwidrige Amtshandlung unmittelbar den Staat 
selbst vermögensrechtlich geschädigt hat, so haftet er dem Staate beim Fehlen besonderer landes- 
rechtlicher Bestimmungen #) nach den allgemeingültigen Grundsätzen des bürgerlichen Rechts. 
ad 9) Ein Regreßanspruch des Staates gegenüber dem Beamten kann nur in Betracht 
kommen: 
ac) Wenn der Staat gemäß §§ 31, 89 BGB. als Privatrechtsperson für einen von seinem 
Beamten in Ausführung der diesem im privatrechtlichen Verkehr des 
Staates zustehenden Verrichtungen verursachten Schaden Ersatz geleistet hat 5); 
6# wenn der Staat gemäß Art. 77 EG. z. BGB., Art. 78 AG. z. BGB. für einen von 
seinem Beamten bei Ausübung von staatlichen Hoheitsrechten ver- 
ursachten Schaden aufgekommen ist #). 
Der Staat kann seine Ersatzansprüche gegenüber Beamten ebenso wie jeder Dritte vor 
den Zivilgerichten geltend machen. Daneben hat er aber noch den Vorteil, mit Ansprüchen 
aus vorsätzlichem dienstlichem Verschulden der Beamten gegen deren Gehalts- und Pensions- 
ansprüche, auch insoweit diese Ansprüche nicht pfändbar sind, aufrechnen und dadurch eventuell 
den Beamten in die ungünstigere Stellung des Klägers versetzen zu können?). 
Besondere Grundsätze 8) bestehen bezüglich des Ersatzes sog. Defekte oder Rezesse, 
d. h. bestehender Differenzen zwischen Istbestand und Sollbestand o9) einer von einem nicht- 
richterlichen Staatsbeamten 10) geführten Kassen- oder Magazinverwaltung: Von der vor- 
gesetzten Verwaltungsbehörde ist vorbehaltlich abweichender Entschließung des vorgesetzten 
Ministeriums ein mit Gründen versehener Beschluß zu fassen, welcher, abgesehen von einigen 
Sicherungsmaßnahmen dienstpolizeilicher Natur, namentlich auf die unmittelbare Verpflichtung 
zum Ersatze des Defekts gerichtet ist. Dieser Beschluß ist sofort vollstreckbar. Gegen den Be- 
schluß steht außer der Beschwerde bei den höheren Verwaltungsbehörden der Rechtsweg offen. 
3.n Disziplinarrechtliche Folgen#t). Disziplinär strafbar ist jeder Staatsbeamte 12), 
welcher die aus seinem Dienstverhältnisse 13) sich ergebenden Pflichten verletzt oder durch sein 
1) Siehe Delius S. 28 f.; Bieand S. 61 f. und die dort zit. Literatur. 
2) Reichsgrundbuchordnung v. 24. III. 1897, S 12; Delius S. 59. 
3) GG. 5 70; G. v. 3. IX. 1878 Art. 20. 
4) Solche wären nach Art. 80 EG. z. BGB. an sich zulässig. Vgl. Delius S. 85 f., 
Wiegand S. 63. 
3 Vgl. Delius S. 96f. 
vgr Delius S. 16 unter c, Wiegand S. 65f. 
.. EG. z. BG. Art. 81, AG. z. BG. Art. 36; Eoal auch BGB. 5 394. 
8) Siehe Disziplinargesetz v. 21. IV. 1880 (RBl. S. 67 ff., Art. 41—51. 
9) Der Sollbestand ist der Betrag, welcher bei vollständiger Aufzeichnung der Einnahmen 
nach Abzug der Ausgaben, zu welchen der Beamte befugt war, vorhanden sein sollte. — Be- 
züglich des Unterschieds zwischen hessischem Recht und preuß. öbew. Reichsrecht s. Cosa 8 S. 48. 
10) Bezüglich der Untererheber und Ortseinnehmer s. G. v. 23. VI. 1901 (RBl. S. 391). 
11) Siehe Gesetz 2. 2. IV. 1880, die Disziplinarverhältnisse der nichtrichterlichen Staats- 
beamten betr., Rl. 
12) Ebenso mit Enbnmten Vorbehalten gem. Art. 2 des vorbez. G. die Bürgermeister 
und Beigeordneten der Stadt- und Landgemeinden, sowie die a. a. O. aufgeführten Kategorien 
von Lehrern und Lehrerinnen. 
13) Nicht nur aus dem „Amte"“; s. die richtige Interpretation bei Wiegand S. 68 AM. 3. 
 
	        
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