Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

106 Die Organisation des Staates. Die Staatsbehörden. * 45 
Verhalten in oder außer Amt sich der Achtung und des Vertrauens, die sein Beruf erfordert, 
als unwürdig zeigt (Art. 5). Die Disziplinarstrafen bestehen entweder in Ordnungsstrafen 
oder in Entfernung aus dem Amte (Art. 6). a) Ordnungsstrafen sind a) Warnung, 
5) Verweis, 7) Geldstrafen bis zum Betrage des einmonatlichen Gehalts, bei Gehalten unter 
1200 Mk. bis zu höchstens 100 Mk. (Art. 7) b) Die Entfernung aus dem Amte 
kann bestehen entweder in Strafversetzung ohne Vergütung der Umzugskosten oder in Dienst- 
entlassung. #c)Die Strafversetzung erscheint entweder: aa) als „Versetzung auf ein 
anderes Amt von gleichem Range' 1) oder §#7) als „Versetzung auf ein anderes Amt von 
gleichem Range unter gleichzeitiger Erkennung einer Geldstrafe bis zum dritten Teil des Jahres- 
gehalts“. 5) Die Dienstentlassung bewirkt nicht nur, was schon aus dem Worte selbst 
hervorgeht und daher vom Gesetze nicht ausdrücklich erwähnt wird, die Beendigung des 
Dienstverhältnisses, sondern sie hat vorbehaltlich besonderer Ausnahmen zugleich den Verlust 
des Titels und Pensionsanspruchs von Rechts wegen zur Folge (Art. 8) 7. 
Bezüglich einzelner Beamtenkategorien, nämlich der Richter, der Notare, der 
Mitglieder der Oberrechnungskammer und des Verwaltungs- 
gerichtshofs gelten in mehrfachen Richtungen besondere Grundsätze 3). So ist gegen- 
über Richtern als weitere Ordnungsstrafe vorgesehen die „Entziehung der Berechtigung 
zum Vorrücken in eine höhere Gehaltsklasse auf die Dauer von einem bis zu drei Jahren“ 
(Richtergesetz Art. 11. Hinsichtlich der unfreiwilligen Versetzung und Pensionierung von 
Richtern s. unten S. 107 f. 
Bezüglich der Disziplinarbehörden und des Disziplinarverfahrenst) 
gelten folgende Grundsätze: 
a) Für nichtrichterliche Beamte fungiert als Berufungsgericht in Disziplinar- 
sachen der Verwaltungsgerichtshof. Er entscheidet, nachdem von dem vorge- 
setzten Ministerium die Einleitung des förmlichen Disziplinarverfahrens verfügt und der die 
Untersuchung führende, sowie der die staatsanwaltschaftlichen Funktionen wahrnehmende 
Beamte bestellt worden ist, in der Besetzung von sieben Mitgliedern, wovon mindestens 
vier dem Oberlandesgericht angehören müssen, nach stattgehabter schriftlicher Voruntersuchung 
auf Grund mündlicher Verhandlung unter Wahrung des rechtlichen Gehörs (Diszipl G. Art. 16 f., 
VR. Art. 113, 8). Zur Verhängung der gesetzlichen Ordnungsstrafen sind jedoch 
die vorgesetzten Behörden und Beamten selbst ohne förmliches Disziplinarverfahren befugt, 
sofern nur dem betreffenden nichtrichterlichen Beamten vorher Gelegenheit gegeben war, 
sich zu verantworten (Art. 13 ff.). 
6 b) Für die Richter fungieren folgende Disziplinarstrafgerichte: c) die Land- 
gerichte, als Disziplinarkammern besetzt mit dem Landgerichtspräsidenten, zwei (bzw. 
einem) Landgerichtsdirektoren und zwei (bzw. drei) Mitgliedern des Landgerichts, in betreff 
der Amtsrichter ihres Bezirks; ) das Oberlandesgericht, als Disziplinarsenat besetzt 
mit dem Oberlandesgerichtspräsidenten, dem bzw. den Senatspräsidenten und den fünf dienst- 
ältesten Mitgliedern des Oberlandesgerichts, in betreff der Präsidenten, Direktoren und Mit- 
glieder der Landgerichte; )) der „Disziplinarhof“, besetzt mit dem Oberlandesgerichts- 
präsidenten, dem bzw. den Senatspräsidenten, den Landgerichtspräsidenten, dem ältesten 
  
1) Bezüglich der Rangordnung s. unten S. 109. 
2) Die Suspension vom Amte, welche von Meyer-Anschütz S. 547 A. 11 
und anderen auf Grund der Art. 24, 25 des Staatsdienerediktes noch als Disziplinarstrafe an- 
gesehen wird, hat diesen Charakter durch das Richtergesetz v. 1879 und das Disziplinargesetz von 
1880 verloren; sie ist heute nur noch eine dienstpolizeiliche Sicherungsmaßregel (S. Wiegand 
S. 76). Ebenso fehlt der Charakter einer Disziplinarstrafe der nach Art. 6 des Richtergesetzes 
zur Erzwingung verzögerter Amtsgeschäfte zulässigen sog. Zwangsstrafe (s. Wiegand 
120). 
* Siehe namentlich das Gesetz, die Rechtsverhltniffe der Richter betr., vom 31. V. 1879 
(RBl. S. 235); G., das Notariat betr., v. 15. III. 1899 (RBl. S. 47)) Disziplinargesetz Art. 52ff.; 
G., die Einrichtung usw. der Oberrechnungskammer betr., v. 14. e 1879 (R#l S. 479) Art. 21; 
G., die Verwaltungsrechtspflege betr., v. 8. VII. 1911 (RBl. S 265) Art. 
4) Bezüglich der näheren Bestimmungen, namentlich auch insichtlich 9. Rechtsmittel 
vgl. die zit. Gesetze u. Wiegand S. 67—78 u. 116 ff. (§ 10 „Besondere Beamtenklassen").
	        
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