Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

108 Die Organisation des Staates. Die Staatsbehörden. *46 
» im Disziplinarweg s. o. S. 106. Die unfreiwillige Versetzung eines Richters an ein anderes 
Gericht ist, abgesehen von den in G. § 8 Abs. 3 und EG. z. GV. F 21 bezeichneten 
Fällen, nur statthaft, wenn durch Plenarentscheidung des Oberlandesgerichts anerkannt ist, 
daß „tatsächliche Verhältnisse das Verbleiben des Richters auf seiner bisherigen Stelle mit 
den Interessen der Rechtspflege als nicht vereinbarlich erscheinen lassen“ (Richtergesetz Art. 61)1). 
Letztere Bestimmung gilt in gleicher Weise auch für die Notare (Notariatsgesetz vom 15. III. 
1899 Art. 7, 59). 
Die Beförderung, d. h. die Verleihung eines höheren Ranges, Gehalts, Titels 
oder Amts steht im freien Ermessen der Regierung 2). 
2. Die Suspension,, d. h. die zeitweilige Enthebung eines Beamten von der 
Ausübung seiner amtlichen Funktionen ohne Beendigung des Staatsdienstverhältnisses 3), 
kommt in Hessen, wie oben erwähnt, nicht mehr als Strafe, sondern nur noch als dienst- 
polizeiliche, provisorische Verwaltungsmaßregel vor. Sie kann ein- 
treten entweder unmittelbar kraft Gesetzes oder zufolge besonderer Verfügung der vorgesetzten 
Behörde und läßt vorbehaltlich der eventuellen Ersatzpflicht für Stlellvertretungskosten das 
Recht auf den Genuß des Gehalts unberührt "0. 
3. Die Versetzung in den Ruhestand, Pensionierung oder Quie- 
szierung ist eine der Beendigung des Dienstverhältnisses zwar nahekommende, aber nicht 
gleichstehende Maßnahme. Sie besteht in der Enthebung des Beamten von seinen amtlichen 
Funktionen unter Gewährung eines Ruhegehaltes und unter Fortdauer bestimmter Beamten- 
pflichten, namentlich der Verpflichtung zur Ubernahme etwaiger anderer angemessener Amter, 
und zur Wahrung des Dienstgeheimnissess). — Mit Ausnahme der richterlichen Beamten) kann 
in H. jeder Beamte durch Verfügung der obersten Staatsverwaltung ohne weiteres Verfahren 
und ohne Rechtsmittelmöglichkeit jederzeit unter Beibehaltung seines Titels gegen seinen 
Willen in den Ruhestand versetzt werden 7);, hierbei steht dem Beamten ein Anspruch auf Ruhe- 
gehalt erst nach zurückgelegtem fünften Dienstjahre zu. Der Beamte selbst hat einen Anspruch 
auf Versetzung in den Ruhestand (mit Pension) erst nach Vollendung des 70. Lebensjahrs 
oder des 40. Dienstjahrs oder „bei einer hinlänglich erwiesenen Dienstunfähigkeit, als Folge 
physischer Gebrechlichkeit vermöge Dienstes-Anstrengung oder unverschuldeten Unglücks“; 
der Anspruch ist jedoch nicht klagbar. — Die Versetzung in den einstweiligen Ruhestand 
ist dem hessischen Recht fremd 8). 
II. Die Beendigung des Beamtenverhältnisses. Die völlige, rest- 
lose Beendigung des Beamtenverhältnisses tritt, abgesehen vom Tode des Beamten, nur ein: 
der Dienstaltersstufen. ersetzt (Wiegand S. 3, 6, 88 ff.). Eine amtliche Beamten- 
rangordnung besteht nicht; die im Jahre 1906 revidierte Hofrangordnung ist für die Bestimmung 
der Beamtenrangverhältnisse rechtlich bedeutungslos. Gewisse Anhaltspunkte gibt die Min Bek., 
die in das Zivildienerwitweninstitut aufgenommenen Dienststellen betr., v. 29. I. 1875 (3Bil. 
* 61), ergänzt durch Min Bek. v. 1. VII. 1886 (RBl. S. 104) und die Besoldungsordnung vom 
. VI. 1898 (Rl. S. 277). 
1) Die Vorschrift des Art. 63 a. a. O., daß unter der vorbez. Voraussetzung ein Amts- 
richter während der ersten fünf Dienstjahre auch auf eine andere nichtrichterliche Staats- 
stelle versetzt werden kann, wurde durch Reichsgerichtsentscheidung vom 18. Oktober 1901 im 
Hinblick auf GVG. 8 mit Recht für ungültig erklärt (ogl. Hessische Rechtsprechung 
[1901/2) II 136 ff. Wiegand S. 117 ff.). Der Entwurf sieht in s. Art. 23 Ziff. 6 die Auf- 
hebung dieser Vorschrift vor. 
2) Mit der „Beförderung“ ist nicht begrifflich notwendig die Übertragung eines anderen 
Amtes verbunden, sie kann vielmehr auch unter Belassung in dem bisherigen Amte erfolgen. 
M. Harseim, Art. „Beamte" in v. Stengels W., I. Aufl., I 142 u. Wiegand S. 107. 
3) Vgl. Meyer-Anschütz S. 547. 
4) Siehe des näheren Disziplinargesetz Art. 39, 40; Richtergesetz Art. 58—60. 
5) Vgl. Staatsdieneredikt Art. 15; Wie gand S. 109 ff. 
6) Vgl. G. v. 30. IV. 1875/ 31. V 1879 u. G. v. 11. I. 1875/16. IV. 1879. 
7) Atters nach dem Entw. Art. 16. 
8) Vgl. Staatsdieneredilt Art. 13 u. 8—10; HV. Art. 49; G., betr. d. Revision d. Be- 
stimmungen ü. d. Versetzung d. Heamten in den Ruhestand v. 27. XI. 1874, abgeändert d. Ges. 
v. 31. V. 1879, 18. VII. 1891, 2. VIII. 1899; Wiegand S. 111 ff.
	        
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