Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

  
8 53 Die Organisation der Stadtgemeinden. 125 
innerhalb der ersten fünf Dienstjahre 40 Prozent des Gehalts; für jedes weitere Dienstjahr 
werden vom sechsten bis zehnten Jahr 2 Prozent, vom elften bis dreißigsten Jahre 1½ Prozent 
und vom einunddreißigsten bis vierzigsten Jahre 1 Prozent zugesetzt. Nach zurückgelegtem 
fünfzigsten Dienstjahr ist der volle Betrag des Gehalts als Ruhegehalt zu zahlen. Die Ansprüche 
auf Hinterbliebenenversorgung bemessen sich vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung oder 
ortsstatutarischer Regelung nach den jeweiligen für die Staatsbeamten geltenden Vorschriften. 
Beim Ausscheiden eines Bürgermeisters wegen nicht erfolgter Wiederwahl finden die 
oben erörterten Grundsätze entsprechende Anwendung. Zur Annahme einer Wiederwahl 
ist ein Bürgermeister nicht verpflichtet, wenn er sich hierbei eine Gehaltsherabsetzung gefallen 
lassen soll; sein Ruhegehaltsanspruch wird also in diesem Falle durch die Ablehnung der Wahl 
nicht berührt 1). Entsprechendes gilt bei Versagung der Bestätigung (Art. 84). 
Das zwangsweise Ausscheiden eines Bürgermeisters aus dem Amte kann nur bewirkt werden: 
a) bei nachgewiesener dauernder Dienstunfähigkeit infolge Blindheit, Taubheit oder 
sonstiger körperlicher oder geistiger Schwächung auf Antrag der Stadtverordnetenversammlung 
und des Ministeriums des Innern in der Form der Versetzung in den Ruhestand mit Ruhegehalt 
durch den Großherzog (St O. Art. 85). 
b) beim Vorliegen eines Dienstvergehens in der Form der Entfernung aus dem Amte 
unter Aberkennung des Titels und des Ruhegehalts durch den Disziplinarhof (Verwaltungs- 
gerichtshof) (Gesetz, die Disziplinarverhältnisse der nicht richterlichen Staatsbeamten betr., 
vom 21. April 1880, Art. 2, 5, 16 ff.). 
Streitigkeiten über Ansprüche auf Ruhegehalt zwischen dem Bürgermeister und der 
Stadtverordnetenversammlung entscheidet das Ministerium des Innern unter Vorbehalt des 
Rechtswegs, wobei jedoch die ministerielle Feststellung der Tatsache der Dienstunfähigkeit 
für die Gerichte bindend ist (St O. Art. 86). 
Niederlegung des Amtes unter Verzicht auf Gehalt und Ruhegehalt ist dem Bürgermeister 
jederzeit gestattet. Das Ministerium des Innern kann jedoch die Weiterführung des Amtes 
auf drei Monate vom Tage der Amtsniederlegung ab verlangen. 
In disziplinärer Beziehung finden auf die Bürgermeister die Bestimmungen des vor- 
genannten Gesetzes vom 21. April 1880 Anwendung (StO. Art. 120). 
Die Stellvertretung des Bürgermeisters geschieht regelmäßig durch die Beigeordneten, 
erforderlichenfalls durch einen besonders gewählten Vertreter (s. unter III dieses Paragraphen). 
Außer den Beigeordneten kann der Bürgermeister auch städtische Beamte mit der Vorbereitung 
und Erledigung dienstlicher Angelegenheiten betrauen; jedoch bleibt er für deren Geschäfts- 
führung — anders als für die Tätigkeit der Beigeordneten — selbst verantwortlich (Art. 117). 
III. Die Beigeordneten. Zur Stellvertretung und Entlastung des Bürger- 
meisters ?) und zur Besorgung der ihnen zugewiesenen Amtzgeschäfte oder Geschäftszweige 
der städtischen Verwaltung werden in den Stadtgemeinden durch Wahl der Stadtverordneten- 
versammlung mit landesherrlicher Bestätigung mindestens zwei Beigeordnete aufgestellt. 
Diese können besoldet oder unbesoldet sein und im Falle landesherrlicher Verleihung den 
Titel Bürgermeister oder zweiter Bürgermeister führen (St O. Art. 68, 69, 117, 118). Die 
besoldeten Beigeordneten werden auf 6, höchstens auf 12 Jahre, dann eventuell auf Lebens- 
zeit, die unbesoldeten 3) werden stets auf 6 Jahre gewählt (St O. Art. 75). Bezüglich Wahl und 
persönlicher Stellung der Beigeordneten gilt im allgemeinen das gleiche wie für die Bürger- 
meister; jedoch haben nur die besoldeten Beigeordneten die Eigenschaft von Gemeindebeamten") 
(St O. 68—88; G. v. 21. IV. 1880 Art. 2). 
  
  
1) Über den Anlaß zu dieser Bestimmung s. Best zu Art. 84 StO. 
2) Bezüglich der Stellung der Beigeordneten gegenüber dem Bürgermeister und der Stadt- 
verordnetenversammlung, bezüglich ihrer Selbständigkeit in der Verwaltung der ihnen vom 
Bürgermeister übertragenen Ressorts und bezüglich ihrer selbständigen Verantwortlichkeit s. die 
sehr sachkundigen und lehrreichen Ausführungen des Ausschußberichts der II. K. (Dr. Glässing) 
LB. II 1908/I1, Drucks. Nr. 464 S. ö3ff., sowie Best zu Art. 117 StO. 
3) Diese müssen stets hessische Staatsangehörige sein (St O. 33). 
4) Siehe unten sub VII.
	        
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