4 54 Die Organisation der Landgemeinden. 131
Dagegen gelten für das Verfahren vor dem Ministerium nicht die Grundsätze des Verwaltungs-
streitverfahrens 1).
Nach rechtskräftiger Versagung der Bestätigung ist eine zweite Wahl vorzunehmen. Wird
auch diese nicht bestätigt, oder wird der nach der ersten Wahl nicht Bestätigte wieder gewählt,
so darf das Ministerium nach Anhörung des Kreisausschusses die erledigte Stelle auf Kosten
der Gemeinde für drei Jahre durch einen von ihm zu ernennenden Beauftragten besetzen.
Das gleiche gilt, wenn in einer Gemeinde aus sonstigen Gründen eine Wahl nicht zustande kommt.
Einer rechtskräftigen Versagung der Bestätigung ist gleichzuachten die im Widerspruche mit
dem Willen des Kreisausschusses erfolgende Führung eines Gast= oder Schankwirtschafts-
betriebes durch den gewählten Bürgermeister 2). Die rechtskräftig erfolgte Bestätigung kann
im Verwaltungsstreitverfahren zurückgenommen werden, wenn sich nachträglich ergibt, daß
das Wahlergebnis in unlauterer Weise beeinflußt worden ist. Die Entscheidung des Berufungs-
gerichts ist endgültig 3).
3. Vor ihrem Amtsantritt sind Bürgermeister und Beigeordnete in einer Sitzung des
Gemeinderats in Eid und Pflicht zu nehmen, und zwar der Bürgermeister vom Kreisrat oder
dessen Stellvertreter, die Beigeordneten vom Bürgermeister 0.
4. Bürgermeister und Beigeordnete versehen ihr Amt regelmäßig 5) als unbesoldetes
Ehrenamt, jedoch haben sie einen gesetzlichen Anspruch auf Tagegelder, Reisekosten und
eventuell besondere Vergütungen für Amtsgeschäfte außerhalb ihrer Gemarkung s) und für
Erledigung bestimmter, einen besonderen Zeit= oder Kostenaufwand erfordernder Amtsgeschäfte.
Der Bürgermeister erhält außerdem eine ständige Vergütung für Zeitaufwand, deren Höhe
vom Gemeinderat im Einvernehmen mit dem Bürgermeister auf Vorschlag des Kreisrats
unter Berücksichtigung der in der Gemeinde regelmäßig vorkommenden, dem Bürgermeister ob-
liegenden Geschäfte festgesetzt wird'). Dazu kommt eine Entschädigung für Bureaukosten, sowie
für etwaige sonstige im Interesse der Gemeinde bestrittene notwendige Auslagen. Unter be-
stimmten Voraussetzungen kann die Bestellung eines besonderen Ratsschreibers stattfinden 3).
5. Der Bürgermeister ist jederzeit zur Amtsniederlegung befugt, muß aber, sofern nicht
der Fall völliger Verhinderung vorliegt, auf Verlangen der Aufsichtsbehörde das Amt ge-
gebenenfalls noch auf drei Monate weiterführen.
Die zwangsweise Amtsenthebung des Bürgermeisters oder eines Beigeordneten ist nur
auf Antrag des Kreisrats — dann aber auch ohne Rücksicht auf einen etwaigen gegenteiligen.
Gemeinderatsbeschluß — und nur unter der Voraussetzung zulässig, daß der zu Enthebende
entweder
a) wegen Blindheit, Taubheit, sonstigen körperlichen Leidens, Körper- oder Geistes-
schwäche zur Erfüllung seiner Amtspflichten unfägig, oder
b) aus sonstigen in seiner Person liegenden Ursachen nicht mehr in der Lage ist, seine
Stelle so auszufüllen, wie es im Interesse einer geordneten Vertretung und Verwaltung
der Gemeindeangelegenheiten verlangt werden muß?).
6. In Abweichung von der unter Ziff. 4 angeführten Regel kann für Gemeinden von mehr
als 3000 Einwohnern durch Ortssatzung bestimmt werden, daß an Stelle eines im Ehren-
1) Siehe LG. Art. 78 I. Der geschilderte Instanzenzug ist der gleiche wie bisher (LG.
a. F. Art. 34; KO. a. F. Art. 48 III 7, 67, 111). Während man aber früher darüber im Zweifel
sein konnte, ob das Ministerium des Innern bei seiner kollegialen Entscheidung im Sinne des
Art. 111 KO. (a. F.) eine verwahtungerichterliche Funktion ausübe, ist durch LGO. Art. 78 I
(a. F.) und dessen Begründung als offizielle Ansicht festgestellt, daß dies nicht der Fall ist.
Vgl. Best zu Art. 78 LGO.
2) Vgl. des näheren Art. 78 III LGO. und Best a. a. O.
3) LGO. Art. 79.
4) LGO. Art. 80.
5) Bgl. aber unter Ziff. 6.
6) Vgl. hierzu Best zu Art. 83 LGO.
7) Vgl. hierzu die sehr bemerkenswerten Ausführungen der Begründung und des Aus-
schußberichts der II. Kammer (Dr. Glässing) zum Gesetzentwurf 1909; Best zu Art. 84 LGO.
8) LEO. Art. 82—85.
9) LGO. Art. 87, 86.
9