Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

138 Die Organisation des Staates. Die Selbstverwaltungskörper. s „56 
  
1. Die nähere Regelung der Rechtsverhältnisse eines Gemeindeverbandes hat durch die 
Verbandssatzung zu erfolgen, die namentlich folgendes enthalten muß: 
a) Bezeichnung der beteiligten Gemeinden und selbständigen Gemarkungen und der 
vom Verbande wahrzunehmenden Angelegenheiten; 
b) Benennung des Verbandes und des Sitzes der Verbandsverwaltung; 
e) Bestimmungen über die Art und Weise der Beschlußfassung in Verbandsangelegen- 
heiten, über die Bestellung der Verbandsorgane und über die Vertretung des Verbandes 
nach außen; 
d) Festsetzung des Maßstabes der Verteilung der Verbandsausgaben auf die Beteiligten; 
e) nähere Bestimmungen über die Errichtung eines Schiedsgerichts zur Entscheidung 
aller Streitigkeiten aus dem Verbandsverhältnisse; 
f) Vorschriften über die Liquidation des Verbandsvermögens für den Fall der Auf- 
lösung des Verbandes 1). 
Falls die Verbandssatzung nicht durch freie Vereinbarung der Beteiligten zustande kommt, 
ist sie nach Anhörung der letzteren vom Kreisausschuß aufzustellen. Gehören die beteiligten 
Gemeinden 2) verschiedenen Kreisen an, so geht die Entscheidung nach Anhörung der be- 
teiligten Kreisausschüsse auf den Provinzialausschuß über 5). 
Die Verbandssatzung sowie jede Abänderung derselben bedarf der Bestätigung durch 
das Ministerium des Innern. Die Bestätigung der Satzung wirkt gleichzeitig auch als Ge- 
nehmigung der Verbandsgründung, ebenso wie andererseits die Genehmigung zur 
Verbandsauflösung im Wege der Zurücknahme der Satzungsbestätigung erfolgt ). 
Die rechtliche Wirkung der vorgenannten Akte datiert von dem Tage ihrer Bekanntmachung 
im Regierungsblatt. Vom gleichen Zeitpunkte ab gilt, soweit es sich um eine Verbands- 
bildung handelt, die Rechtsfähigkeit als an den Verband verliehen 5). 
2. Als Organe des Verbandes sind vom Gesetz Verbandsvorsteher vorgesehen. 
Als solche können nur Personen bestellt werden, welche zum Bürgermeister oder Beigeordneten 
wählbar sind. Zu Vertretern der beteiligten Gemeinden können nur 
Personen bestellt werden, welche die für ein Gemeinderatsmitglied vorgeschriebenen Eigen- 
schaften besitzen. Stadtgemeinden werden gegebenenfalls durch den Bürgermeister oder einen 
Beigeordneten sowie im Bedarfsfall durch sonstige, von der Stadtverordnetenversammlung 
zu wählende Abgeordnete vertreten. Die Vertretung der selbständigen Gemarkungen steht 
den Gemarkungseigentümern zu. 
Die Verbandsvorsteher können von dem für den Verbandssitz zuständigen Kreisamt 
unter Strafandrohung (Geldstrafe bis zu 200 Mk.) zur Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Ver- 
pflichtungen angehalten werden ). 
3. Die Verbände sind berechtigt, die Ausführung der in ihrem gemeinsamen Interesse 
liegenden Maßnahmen und Veranstaltungen auf gemeinsame Kosten zu beschließen, deren 
anteilmäßige Aufbringung den beteiligten Gemeinden überlassen bleibt. Über etwaige Be- 
schwerden hinsichtlich der Heranziehung der einzelnen Beteiligten zu den Beiträgen für Ver- 
bandszwecke oder hinsichtlich des Rechts zur Mitbenutzung der öffentlichen Einrichtungen und 
Anstalten des Verbandes entscheidet der Verbandsvorsteher. Gegen dessen Bescheid steht dem 
Beschwerdeführer innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen von der Zustellung des Bescheides 
ab die Klage im Verwaltungsstreitverfahren zu. 
4. Falls die zu einem Gemeindeverbande zusammentretenden Gemeinden und selb- 
ständigen Gemarkungen verschiedenen Kreisen angehören oder falls es sich um eine Verbindung 
1) Siehe LGO. Art. 197. 
2) Das gleiche gilt trotz des Schweigens des Gesetzes und der Motive wohl auch für die 
selbständigen Gemarkungen, deren Interessen andernfalls ungehört und unvertreten bleiben 
würden. 
3) Siehe Begründung zu Art. 205 des Entwurfs 1909, S. 108; Best zu 197. 
4) Siehe Art. 197 Abs. IV LO., 198 u. Best a. a. O. 
5) Siehe LGO. Art. 199. 
6) LGO. Art. 200, 201.
	        
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