Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

142 Die Organisation des Staates. Die Selbstverwaltungskörper. 58 
  
unmittelbaren Staatsamts; sonstige, nach Ansicht des Kreistags eine gültige Entschuldigung 
begründende, besondere Verhältnisse. Die vorschriftsmäßige Versehung eines derartigen 
Amtes während der regelmäßigen Amtsdauer berechtigt zur Ablehnung eines gleichartigen 
Amtes für die nächsten drei Jahre. Ist die Amtsdauer nicht näher bestimmt, so kann das Amt 
nach drei Jahren niedergelegt werden. Unentschuldigte Zuwiderhandlung gegen die vorbe- 
zeichneten Pflichten kann mit drei= bis sechsjähriger Aberkennung des Rechts auf Teilnahme 
an der Kreis- und Provinzialverwaltung und mit Auferlegung einer jährlichen besonderen Ab- 
gabe an die Kreiskasse geahndet werden. Diese Abgabe kann bis zum ganzen Betrag des 
nach dem Steuerkapital des Säumigen auf diesen entfallenden Anteils an dem Beitrage 
seiner Wohnsitzgemeinde zu den Kreisabgaben bemessen werden. Uber den Eintritt der ge- 
nannten Rechtsfolgen ist im Verwaltungsstreitverfahren zu entscheiden, wobei ein vom 
Kreistag bestellter Bevollmächtigter die Obliegenheiten des Klägers wahrnimmt. Die Ent- 
scheidung des Berufungsgerichts ist endgültig. 
3. Die zur Befriedigung der Kreisbedürfnisse erforderlichen Mittel sind, insofern 
sie nicht zufolge Kreistagsbeschlusses aus dem Vermögen des Kreises oder aus sonstigen Ein- 
nahmen bestritten werden, durch Kreisabgaben außzubringen. Diese werden einschließlich 
des auf den Kreis repartierten Anteils an den Provinzialabgaben vorbehaltlich bestimmter 
Ausnahmen nach der für Verteilung der Kommunal-= und Gemarkungsumlagen geltenden 
Norm auf die Gemeinden und selbständigen Gemarkungen umgelegt 1). 
Wegen der Tatsache oder des Maßstabes der Heranziehung zu diesen Abgaben steht 
den betroffenen Kreisen, Gemeinden oder Gemarkungsinhabern die Klage im Verwaltungs- 
streitverfahren — erste Instanz der Provinzialausschuß — zu. Die beklagte Körperschaft muß 
sich hierbei durch einen von ihr gewählten Bevollmächtigten vertreten lassen 2). 
4. Bezüglich des Erlasses von statutarischen Anordnungen des Kreistags siehe 
unten II, 1 lit. a. 
II. Die Vertretung und Verwaltung des Kreises. Als Ver- 
fassungsorgane des Kreisverbandes sind zu nennen der Kreistag, der Kreis- 
ausschuß, die Kreiskommissionen und der Kreisrat. 
1. Der Kreistag, dessen Zusammensetzung oben in 3 36 erörtert wurde, hat grund- 
sätzlich die gleiche Stellung wie die Gemeindevertretung in der Ortsgemeinde. Er ist dem- 
nach dazu berufen, den Kreisverband zu vertreten und, noch näherer Vorschrift der K O., über 
die Kreisangelegenheiten, sowie über alle diejenigen Gegenstände zu beraten und zu beschließen, 
welche ihm zu diesem Behufe durch Gesetze oder Verordnungen überwiesen sind oder in 
Zukunft überwiesen werden. Im einzelnen erstreckt sich seine Zuständigkeit vorbehaltlich be- 
sonderer gesetzlicher Anordnungen namentlich auf folgende Angelegenheiten 3): 
a) Erlaß von Kreisstatuten"): 
b) Repartierung von kreisweise aufzubringenden Staatsprästationen; 
J) Beschlußfassung über pflichtmäßige und freiwillige Kreisausgaben, Verfügung über 
das Kreisvermögen, Aufnahme von Kreisanleihen, Festsetzung des Kreishaushaltsetats ein- 
schließlich der Kreisabgaben; 
d) Feststellung der Grundsätze für die Verwaltung des Kreisvermögens und der Kreis- 
anstalten; Errichtung von Dienststellen des Kreises; 
e) Vornahme der Wahlen zum Provinzialtag, zum Kreisausschuß und zu bestimmten 
für Zwecke der allgemeinen Landesverwaltung aufzustellenden Kommissionen; 
f) Gewährung von Beihilfen an überlastete Gemeinden 3). 
1) Siehe KO. Art. 8, 9, 10. 
2) Siehe KO. Art. 11. 
3) Siehe KO. Art. 30, 31, 32, 34. 
4) Kreisstatuten sind autonome Rechtssätze des Kreisverbandes über solche die Verfassung des 
Kreises betreffenden Gegenstände, bezüglich deren die KPO. Abweichungen von den regulären 
Bestimmungen gestattet, oder welche sonstwie ausdrücklich der statutarischen Regelung überwiesen 
sind. S. K PO. 12, 31 Z. 1; vgl. auch die Ausführungen über die Lokalstatuten, oben S. 133 f. 
5) Das heißt an Gemeinden, die außerstande sind, den ihnen im öffentlichen Interesse ob- 
liegenden Verpflichtungen zu genügen.
	        
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