l68 Zwangsmaßnahmen der Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte. 175
verwaltungsgerichtlichen Entscheidung Privatpersonen zustehen (z. B. zu erstattende Kosten,
Entschädigungsansprüche wegen Wildschaden), sofern die Beteiligten dies beantragen 7).
Die Vollstreckung von Urteilen findet, soweit nichts anderes bestimmt ist, erst nach dem
Eintritt der Rechtskraft statt. Das gleiche gilt für Beschlüsse und Verfügungen, gegen welche
die Beschwerde mit aufschiebender Wirkung zugelassen ist. Die Rechtskraft tritt nicht vor Ab-
lauf der Rechtsmittelfrist ein und wird durch rechtzeitige Rechtsmitteleinlegung gehemmt.
Das erkennende Gericht ist jedoch zum Erlasse einer einstweiligen Anordnung befugt, falls
glaubhaft gemacht wird, daß die Aussetzung der Vollstreckung bis zum Eintritt der Rechts-
kraft dem obsiegenden Teil einen „schwer zu ersetzenden“ oder „schwer zu ermittelnden“ Nachteil
bringen würde, oder wenn das öffentliche Interesse eine solche Anordnung fordert. Das Gericht
kann insbesondere gegen Sicherheitsleistung oder ohne eine solche die Entscheidung für vor-
läufig vollstreckbar erklären (Art. 124—120).
Die Vollstreckung erfolgt, soweit es sich um die Beitreibung von Geldforderungen handelt
und nicht ausdrücklich ein anderes bestimmt ist, nach den Vorschriften über das Verfahren
der Zwangsvollstreckung im Verwaltungsweg, soweit es sich um die Erwirkung der Heraus-
gabe einer Sache oder um die Erwirkung einer Handlung oder Unterlassung handelt, nach
Maßgabe der §§ 883—898 38PO. Dabei tritt jedoch in den Fällen der §3§ 887, 888, 890 an die
Stelle des Prozeßgerichts erster Instanz der Vorsitzende, dem die Vollstreckung obliegt, und
im Falle des § 887 findet keine Mitwirkung des Berechtigten statt (Art. 127, 128).
Die Kosten der Vollstreckung fallen demjenigen zur Last, gegen welchen diese gerichtet
ist; sie sind mit der Vollstreckung in der Hauptsache beizutreiben. Falls die Entscheidung, aus
der die Zwangsvollstreckung erfolgt ist, aufgehoben wird, sind die Kosten der letzteren dem
Schuldner zu erstatten (Art. 129).
Über Anträge, Einwendungen und Erinnerungen, welche die Vollstreckung betreffen,
entscheidet der Vorsitzende, dem die Vollstreckung obliegt. Soweit die Entscheidung nach der
ZPO. einem anderen Gericht als dem Vollstreckungsgericht obliegt, oder insoweit eine An-
ordnung des Vorsitzenden angefochten wird, entscheidet an Stelle des letzteren das Gericht.
Gegen die Entscheidung des Vorsitzenden oder des Gerichts findet die Beschwerde statt (Art. 130).
III. Die Verhängung von Ordnungsstrafen. Während die Behörden
der inneren Verwaltung in Hessen grundsätzlich nicht zur Verhängung von Strafen befugt sind,
ist dem Kreisrat und dem Provinzialdirektor durch Art. 67, 93 KPO. folgende Ordnungs-
strafbefugnis verliehen:
1. Personen, welche die Ordnung einer in Gegenwart des Kreisrats oder des Provinzial-
direktors stattfindenden Verhandlung stören, können zurechtgewiesen, entfernt und, wenn
die Erinnerungen unbeachtet bleiben oder die Störung von gröberer Art ist, mit Geldstrafe
bis zu 36 Mk. und Haftstrafe bis zu 24 Stunden belegt werden. Wird auf eine solche Strafe
erkannt, so ist über den Vorfall sogleich ein Protokoll aufzunehmen und an das Ministerium
des Innern einzusenden.
2. Personen, welche in schriftlichen Eingaben an den Kreisrat, den Kreisausschuß oder
den Kreistag (bzw. die entsprechenden Organe der Provinz) durch rohe Ausfälle gegen die
Behörde selbst oder gegen die Gegenpartei oder andere Personen den bei solchen Verhand-
lungen zu beobachtenden Anstand verletzen, können, abgesehen von der Zurückweisung der
Eingaben „zur Reinigung“ mit Ordnungsstrafen bis zu 9 Mk. belegt werden. Falls die Aus-
fälle gegen die vorgenannten Kollegialorgane gerichtet sind, ist deren Zustimmung zu dem
strafweisen Vorgehen erforderlich.
IV. Sonstige An wendung von Zwang gegen Freiheit oder
Eigentum. Gemäß Art. 23 HV. ist „die Freyheit der Person und des Eigenthums
in dem Großherzogthume keiner Beschränkung unterworfen, als welche Recht und Gesetz
bestimmen" 2). Demnach ist die Anwendung persönlichen Zwanges nur dann rechtlich zu-
1) Siehe Best, VRG., S. 68.
2) Lezüglich der Entstehung des Art. 23 s. die Quellenangaben bei van Calker, hesfs.
Verf G., S. 103—106.