Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

§ 71. 72 Staatsvermögen. Staatsschulden. 181 
periode bestellten Mitgliedem des Verwaltungsgerichtshofs. Bei Stimmengleichheit ist in 
diesem Falle zugunsten des Beschwerdeführers zu entscheiden. 
Der Präsident und die übrigen Kollegialmitglieder der ORK. genießen die richterliche 
Unabsetzbarkeit. Die Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen die Genannten kann nur 
durch Beschluß des Staatsministeriums erfolgen; das Verfahren und die Kompetenz zur Er- 
lassung eines Disziplinarerkenntnisses bestimmen sich nach den Sondervorschriften des Diszi- 
plinargesetzes für nicht richterliche Beamte vom 21. April 1880, Art. 52—57. Bezüglich des 
Disziplinarverfahrens gegen die Kanzlei= und die Staatsrechnungsrevisionsbeamten der OR. 
gelten die besonderen Vorschriften des Art. 58 a. a. O. 
71. Staatsvermögen. I. Das Staatsvermögen 1) setzt sich zusammen aus dem 
Verwaltungsvermögen und aus dem Finanzvermögen. Das erstere 
umfaßt alle diejenigen Staatsgüter, welche unmittelbar zur Verwendung für Staatszwecke 
bestimmt sind und demnach regelmäßig keine Einnahmequelle bilden (z. B. öffentliche Straßen, 
Dienstgebäude, Museen); das letztere setzt sich aus allen denjenigen Staatsgürerm zusammen, 
welche dem Staate als eigentliche Finanzquellen dienen. Das Verwaltungsvermögen bildet 
als solches keinen Gegenstand der staatlichen Finanzverwaltung, es steht vielmehr unter der 
Verwaltung der hierfür jeweils zuständigen Verwaltungsbehörden. 
Unbewegliches Landeseigentum darf, gleichviel ob es zum Verwaltungs- oder zum 
Finanzvermögen gehört, ohne ständische Zustimmung nicht veräußert, nicht verpfändet, nicht 
mit dinglichen Gerechtsamen belastet und nicht mit Reallasten beschwert werden. Dieses Ver- 
äußerungsverbot findet jedoch keine Anwendung auf den Verkauf oder Austausch überschüssigen 
Straßen= oder Eisenbahngeländes oder entbehrlicher Gebäude, auf die Abtretung staatlicher 
Parzellen, deren Verwendung zu Bauplätzen von dem zuständigen Provinzialausschuß für 
notwendig oder angemessen erklärt wird, und endlich auf Veräußerungen, die zufolge Ver- 
gleichs zur Beendigung von Rechtsstreitigkeiten vorgenommen werden?). 
Als Bestandteile des staatlichen Finanzvermögens führt der Staatsvoranschlag unter 
der Gesamtbezeichnung „Staatsdomänen" (loder „Landeseigentum“) regelmäßig auf: 
1. Kameral- und Forstdomänen (getrennte Positionen); 2. Braunkohlenbergwerk Ludwigs- 
hoffnung; 3. Bad Nauheim und Bad Salzhausen (getrennt); 4. Samenklenganstalt zu Gammels- 
bach i. O.; 5. Staatseisenbahnen 3). 
Im Gegensatz zu den vorgenannten Staatsdomänen stehen die oben (in § 160) behandelten, 
ebenfalls als staatliche Finanzquellen dienenden Domänen des Großh. Hauses 
nicht im Landeseigentum, sondern im Eigentum der Großherzoglichen Familie. 
« II. Die Verwaltung der Domänen — abgesehen von den Staatseisenbahnen — erfolgt 
unter Oberleitung des Finanzministeriums, Abteilung für Forst= und Kameralverwaltung, 
durch die Großh. Oberförstereien, die Holzmagazinverwaltung in Darmstadt, die Badedirektionen 
Bad Nauheim und Bad Salzhausen, die Bergwerksdirektion Grube Ludwigshoffnung und die 
Weinbaudomänenverwaltung in Mainz“). 
s 72. Staatsschulden. 13). Der Ausdruck „Staatsschulden“ begreift an sich sowohl 
die „Verwaltungs“= als auch die „Finanzschulden“ in sich, in der Gesetzessprache dient er aber 
1) Vgal. Meyer-Dochow S. 625 ff.; Cosack S. 61 f.; A. B. Schmidt, Art. 
Domänen, WB. I S. 601 
2) Seherh- Trt. 10 i. d. F. d. G. v. 1. VIII. 1878, RBl. S. 93, Art. 1 u. G. v. 
3. IX. 1878 (RBl. S. 99) Art. 2. Vgl. auch Untrag Hirschhorn u 2 auf Abänderung 
des Art. 10 H.; L. II 1876/78, Prot. B. VI. Nr. 64, 70, 76, 78; Beil. B. VI Nr. 420, 456 
u. LB. 1 1876,/78 Prot. S. 462, 603, 680; Beil. 162. — Als Beispiel für Veräußerung von 
Staatseigentum s. LV. II 1908/11 Drucks. 190. 
3) Siehe über die letzteren unten § 98. 
4) Bezüglich der letzteren s. FM. v. 1. VII. 1901, RBl. S. 393. Im übrigen s. bezüglich 
der Berwaltung und Bewirtschaftung der Kameraldomänen und der Erhebung der Dominial- 
gefälle Zeller II S. 361 f. u. die dort angegebenen instrukt. Vorschriften. 
5) Bgl. im allgemeinen Meyer-Dochow S. 711 ff. Bezüglich der älteren Ent- 
wicklung deb hess. Staatsschuld s. Co "Cn a 3 S. 62 f.; hinsichtlich der neueren Entwicklung Balser 
i. d. Mitteilungen d. Zentralstelle f. L. B. 41 (1911) S. 82 ff.; hinsichtlich des neuesten Standes 
und der Verhältnisse der Staatsschuld 8 einzelnen s. Mitteilungen a. a. O. S. 138ff. 
 
	        
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