Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band XIX. Das Staatsrecht des Großherzogtums Hessen. (19)

8 83 Die Finanzverwaltung der Ortsgemeinden. 209 
  
folgen. Dies gilt — ohne Rücksicht auf ihre Zweckbestimmung — auch für unbebaute, 
innerhalb des genehmigten Ortsbauplanes gelegene Grundstücke, wenn sie bis zu ihrer Ein- 
beziehung in den Ortsbauplan landwirtschaftlich benutzt wurden und seitdem den Eigentümer 
außer im Erbgang nicht gewechselt haben und landwirtschaftlich genutzt werden. 7) Bei 
gewerblichen Betriebsgebäuden wird der Besteuerungsmaßstab normaler- 
weise durch die Summe des gemeinen Wertes von Grund und Boden sowie des Gebäudewertes 
gebildet; auf Antrag des Steuerpflichtigen ist als Gebäudewert höchstens der Brandversicherungs- 
wert unter Berücksichtigung der seit der letzten Aufnahme zur Brandversicherung stattgefundenen 
Abnutzung zu veranschlagen. — Ein Abzug von Schulden oder sonstigen persönlichen 
Lasten findet nicht statt. Dingliche Lasten kommen insoweit in Abzug, als sie nach Art. 2 
Ziff. 3 des Gesetzes der Grundsteuer unterworfen sind. — Die allgemeinen Grundsätze für Er- 
mittlung des Ertragswerts usw. werden durch Verordnung bestimmt (Art. 4). Die Bewertung 
des Grundstücks erfolgt durch Schätzung; der Steuerpflichtige muß zu diesem Zwecke alle er- 
forderlichen Auskünfte erteilen; es besteht jedoch kein eigentlicher Deklarationszwang (Art. 6). 
b) Gewerbesteuer. 
uau) Allgemeine Gewerbesteuer. Dieser Steuer sind unterworfen die sämt- 
lichen in einem stehenden Gewerbebetrieb, einem Bergbaubetrieb oder einem land= und forst- 
wirtschaftlichen Betrieb (einschließlich Viehzucht, Wein-, Obst= und Gartenbau) dauernd ge- 
widmeten oder dienenden, in Geld abschätzbaren Gegenstände außer dem grundsteuerpflichtigen 
Grundbesitz. Als Gewerbebetrieb gilt auch der Geschäftsbetrieb der Erwerbs= und Wirtschafts- 
genossenschaften und der rechtsfähigen Konsumvereine (Art. 7). Steuerfreiheit genießen, 
abgesehen von den durch besondere Gesetze und Verordnungen geregelten Fällen, die aus- 
schließlich zu wohltätigen oder gemeinnützigen Zwecken dienenden Betriebe, so z. B. die dieser 
Forderung entsprechenden öffentlichen Sparkassen, ferner die von öffentlichrechtlichen Ver- 
bänden betriebenen Verkehrsanstalten, endlich die Ausübung eines amtlichen Berufs und die 
Ausübung einer künstlerischen, wissenschaftlichen, schriftstellerischen, unterrichtenden oder er- 
zieherischen Tätigkeit, wie insbesondere die Praxis der Arzte, Zahnärzte, Heilgehilfen, Heb- 
ammen, Tierärzte, Rechtsanwälte und Geometer, soweit sich nicht bei Ausübung dieser Berufe 
in besonderen Fällen ein gewerblicher Betrieb entwickelt (Art. 8). In bezug auf den Be- 
steuerungsmaßstab ist zu unterscheiden zwischen dem eigentlichen Gewerbebetrieb 
(stehendes Gewerbe und Bergbau) und dem Land- und Forstwirtschaftsbetrieb (einschließlich 
Viehzucht usw.). Für den eigentlichen Gewerbebetrieb gelten als Grundlage der Be 
steuerung der Bestand des in dem Betrieb innerhalb der Gemeinde arbeitenden Anlage- 
und Betriebskapitals in dem nach Maßgabe des Vermögenssteuergesetzes und des 
Gemeindeumlagengesetzes zu bestimmenden Umfange, und ferner — im Falle einer Renta- 
bilität von mehr als 6 Prozent des rauhen Wertes des dem Gewerbe dienenden gesamten 
Vermögens — Zuschläge in Gestalt eines nach der Höhe dieses Mehrertrages ansteigenden 
Vielfachen dieses Ertrages; diese Zuschläge steigen von dem Einfachen des Mehrertrags bei 
einem Mehrertrag von weniger als 500 Mk. auf das 10 fache dieses Betrags bei einem Mehr- 
ertrag von über 10 000 Mk. Die Gemeinden können aber mit Genehmigung des Ministeriums 
des Innern und der Finanzen durch Ortssatzungen bestimmen, daß die Gewerbesteuer für die 
vorgenannten Gewerbebetriebe nicht nach dem vorstehenden Maßstab, sondern nach anderen 
Merkmalen für den Umfang des Betriebs zu berechnen ist. Ferner sind die Gemeinden er- 
mächtigt, mit aufsichtlicher Genehmigung für einzelne Betriebe, für die eine Besteuerung nach 
den allgemeinen Grundsätzen unangebracht erscheint, besondere Vereinbarungen mit den 
Steuerpflichtigen über die Höhe ihrer Gewerbesteuerveranlagung zu treffen (Art. 16). Bei 
dem Betrieb der Land= und Forstwirtschaft einschließlich Viehzucht, Wein-, Obst- 
und Gartenbau, wird die Steuer ausschließlich aus dem Bruttowert des Anlage- und Betriebs- 
kapitals ohne jede Rücksicht auf den Ertrag berechnet 1). (Art. 9—12) — Ein allgemeiner 
Schuldenabzug ist ebenso wie bei der Grundsteuer auch bei der Gewerbesteuer nicht 
zugelassen, jedoch besteht eine Ausnahme zugunsten der im Gesetze einzeln aufgeführten 
1) Siehe hierüber Becker a. a. O. S. 128 ff. 
van Calker, Hessen. 14
	        
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